Nach Einschätzung des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags sprechen verfassungsrechtliche Argumente gegen ein Verbot von Leiharbeit in der Pflege im Krankenhaus. Dies wäre ein Eingriff in die grundgesetzlich garantierte freie Berufsausübung. Eine Schlechterstellung etwa des Stammpersonals reiche dafür nicht aus, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten 19-seitigen Dokument.
Ein Verbot von Zeitarbeit in der Pflege hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft als "Ultima Ratio" in die Diskussionen um das Für und Wider von Leiharbeit eingebracht, sollten die Reformen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht greifen.
Höhere Kosten für Leiharbeitnehmende kein ausreichender Grund für ein Verbot
In ihrer Ausarbeitung schreibt das Wissenschaftsteam außerdem:
"Die unbestritten hohen Kosten der Leiharbeit in der Pflege dürften (…) für sich genommen als legitimes Ziel eines Leiharbeitsverbots in der Abwägung gegenüber dem damit verbundenen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit (…) nicht für eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung ausreichen."
Quotenregelung für Leiharbeiter in Betracht ziehen
Das Team zieht auch eine Umfrage des arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft heran. Demnach würden nur 18,2 Prozent von 4.000 befragten Zeitarbeitnehmenden bei einem Verbot der Zeitarbeit in eine Festanstellung wechseln. 55,1 Prozent gaben an, in diesem Fall eine Beschäftigung in einer anderen Branche in Betracht zu ziehen, weitere 11,2 Prozent würden ihre Tätigkeit aufgeben.
"Mit Blick auf die Ergebnisse dieser Studie würde ein Verbot der Leiharbeit die mit ihr einhergehenden Probleme womöglich nicht lösen, sondern könnte die bestehenden Fachkräfteengpässe im Pflegebereich weiter verschärfen."
Zeitarbeit bleibt Streitthema
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Deckelung der Kosten trägt nicht zur Lösung des Personalmangels in der Pflege bei
Vor einem Verbot seien zudem "weniger einschneidende Maßnahmen zur Beschränkung der Zeitarbeit" in Betracht zu ziehen – etwa eine Quotenregelung, die den Einsatz von Fremdpersonal in ein angemessenes Verhältnis zum Stammpersonal setze. Dies käme der Erkenntnis entgegen, dass die negativen Auswirkungen von Leiharbeit vom Umfang des Einsatzes abhängig seien. Maßnahmen zur bloßen Deckelung der Kosten der Pflege, wie sie vor allem seitens der Einrichtungsträger gefordert würden, "dürften zur Sicherung der Patientensicherheit und Qualität der Pflege wenig beitragen".
Die Entscheidung über konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in der Pflege obliege dem Gesetzgeber. Seine Aufgabe sei, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen einen "sinnvollen" und "vertretbaren" Einsatz von Leiharbeit ermöglicht.
Die abschließende Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Maßnahmen zur Regulierung und Begrenzung der Leiharbeit in der Pflege sei allein Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts und hänge von der konkreten Ausgestaltung und der Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs ab.