• 26.06.2023
  • Management
Personalmanagement

Zeitarbeit bleibt Streitthema

Immer mehr Pflegefachpersonen arbeiten lieber für Zeitarbeitsfirmen als direkt für Kliniken. Das sorgt für Unmut im Management der Häuser und verschärft die Personalnot. 

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 7/2023

Seite 48

Mehr Geld, bessere Arbeitszeiten: Immer mehr Pflegefachpersonen arbeiten lieber für Zeitarbeitsfirmen als direkt für Kliniken oder Pflegeeinrichtungen. Das sorgt für Unmut im Management der Häuser und verschärft die Personalnot in der Pflege. 

Das mittlerweile bedrohliche Ausmaß der Leiharbeit sei gesetzlich zu regulieren, sagen die einen, ohne Zeitarbeit breche das System zusammen, die anderen. Sicher ist: Ohne Zeitarbeitskräfte sähe die Personalsituation in der Pflege noch viel dramatischer aus, als sie sowieso schon ist.

Und trotzdem: Von stärkerer Regulierung bis hin zum Verbot reichen die Vorschläge aus den Reihen der Arbeitgebenden. Dabei zeigt eine aktuelle Umfrage, dass die Mehrheit (55 Prozent) der über Zeitarbeitsfirmen beschäftigten Pflegefachpersonen den Beruf wechseln würde, dürften sie nicht mehr als Leiharbeitende tätig sein. Elf Prozent würden nach den Ergebnissen des Informationsdienstes des Instituts der deutschen Wirtschaft (IWD) sogar ganz ihre Erwerbstätigkeit aufgeben. Lediglich 18 Prozent nähmen eine Einschränkung von Zeitarbeit zum Anlass, wieder als Angestellte in ein Krankenhaus oder eine Pflegeeinrichtung zurückzukehren. Nach IWD-Angaben hatten im Juni 2022 Betriebe der Arbeitnehmerüberlassung insgesamt knapp 31.000 Arbeitskräfte in Gesundheitseinrichtungen und im Rettungsdienst unter Vertrag.

Zeitarbeit: lukrativ für Pflegepersonal

Vor allem bessere Bezahlung sowie verlässliche Arbeitszeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen locken Pflegende in die Zeitarbeit. Seit Jahrzehnten hätten es die Einrichtungen versäumt, sich mit konstruktivem Personalmanagement auseinanderzusetzen, um Pflegepersonal zu gewinnen und zu halten, kritisiert Andreas Riechert. Der Krankenpfleger arbeitet seit 20 Jahren in der Pflege – seit fünf Jahren in der Zeitarbeit. Wer Personal als lästige Kostenstelle betrachte, brauche sich nicht zu wundern, wenn das so dringend benötigte Fachpersonal davonlaufe, sagt er.

Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, über die das WDR-Magazin Westpol im Mai exklusiv berichtet hat, zeigen: Seit 2013 hat sich die Zahl der Altenpflegefachpersonen in Zeitarbeitsfirmen mehr als verfünffacht (plus 428 Prozent), in der Gesundheits- und Krankenpflege im gleichen Zeitraum mehr als vervierfacht (plus 315 Prozent).

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht in diesem Trend eine Gefahr für die Arbeit auf den Stationen und warnt vor einer unabsehbaren Kostenspirale. In einem im Frühjahr vorgelegten Positionspapier forderte sie deshalb die „drastische Beschränkung“ von Zeitarbeit, auch ein Verbot als Ultima Ratio sei nicht auszuschließen. Denn mittlerweile habe sich Leiharbeit im Krankenhaus von der Ausnahme zum Regelfall entwickelt. Die Kliniken arbeiteten hart daran, Gehälter und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Konkurrenz der Zeitarbeit treibe sie dabei „unbestreitbar“ an. Unter diesen Bedingungen könnten die Häuser allerdings das Rennen um die besten Arbeitsbedingungen und Gehälter nur verlieren. Die DKG will deshalb vor allem Leiharbeit auf ihren ursprünglichen Zweck – Belastungsspitzen auszugleichen – beschränken und den Stundensatz in der Leiharbeit einschließlich aller Kosten auf das 1,5-Fache der üblichen Vergütung fest angestellten Pflegepersonals begrenzen.

Symptom für Pflegekrise

Auch der Deutsche Pflegerat (DPR) sieht Leiharbeit in der Pflege kritisch, will sie aber überflüssig machen, statt sie zu verbieten. Sie sei „keine nachhaltige Lösung für das Personaldilemma“ in der Branche. DPR-Präsidentin Christine Vogler sagt: „Der enorme Anstieg der Leiharbeit ist ein Symptom für die Krise in der Pflege. Sie hat ihren Ursprung in den unzureichenden Arbeitsbedingungen und im Personalmangel, die eine Kompensation bei einem Ausfall des Stammpersonals nicht erlauben.“ Leiharbeit helfe nur kurzfristig. Ziel müsse sein, gute Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu schaffen. In einem Positionspapier plädiert der DPR deshalb unter anderem für eine refinanzierte Personalausstattung, die anhand eines Pflegepersonalbemessungsinstruments vom Pflegebedarf der Patientinnen, Patienten und Bewohnenden abgeleitet wird, aber auch für bessere Ausfallkonzepte und die Vorhaltung von Springerpools.

Das Pflegemanagement spricht von einer „ausufernden Entwicklung der Arbeitnehmerüberlassung“. Modelle von Zeitarbeit, Leiharbeit oder Personalleasing seien nicht geeignet, den Mangel an professionell Pflegenden zu kompensieren – dieser werde damit lediglich teurer. Die daraus resultierende Diskussion um Preise, fehlende Fortbildungen und eine „Zweiklassengesellschaft“ unter Pflegenden eskaliere zusehends, äußerte sich der Bundesverband Pflegemanagement besorgt.

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