Der Aufbau einer Landespflegekammer in Baden-Württemberg gerät zum Streitthema zwischen dem Gründungsausschuss für eine Pflegekammer und der Gewerkschaft Verdi. Gegenseitige Vorwürfe bestimmen ihren Diskurs.
Verdi: starke Stimme für Pflege ohne Kammer möglich
So kritisierte die Gewerkschaft in dieser Woche das angelaufene Registrierungsverfahren für die Pflegekammer und das vorgesehene Quorum. Landesfachbereichsleiter für Gesundheit und Soziales, Jakob Becker, sagte am Mittwoch:
"Wer ja sagt, muss nichts machen, wer nein sagt, muss begründet innerhalb von sechs Wochen Einwände vorbringen. Von einem demokratischen Quorum kann in diesem Verfahren keine Rede sein."
Auch mangele es nicht an einer starken Stimme der Pflegenden, "sondern am Willen, deren Vorschläge umzusetzen". Warum berechtigte Forderungen eine bessere Chance auf Umsetzung hätten, wenn sie von einer Kammer formuliert würden, erschließe sich Becker nicht.
Bechtel: Entscheidung in der Hand der Pflegeprofession
Als "einseitig und polemisch" hat indes der Vorstandsvorsitzende des Gründungsausschusses Peter Bechtel die Aussagen von Verdi zurückgewiesen. Trotz mehrfacher Gesprächsangebote sei die Gewerkschaft nicht bereit, sich sachlich zum Thema auszutauschen. Sie informiere zudem ihre Mitglieder "sehr tendenziös".
Jede Pflegefachperson habe die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob sie Mitglied der Kammer werden wolle oder nicht. Bechtel betonte:
"Ein hoch demokratischer Prozess, an dessen Ende die Entscheidung in der Hand der Profession liegt."
Ein Nein zur Pflegekammer sei, entgegen der Behauptungen, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht detailliert zu begründen.
Schulterschluss statt Konfrontation
Zu angeblich verschwiegenen Mitgliedsbeiträgen entgegnete der Gründungsausschuss, dass diese zwischen fünf und neun Euro im Monat liegen würden. Das stehe explizit in den in dieser Woche versandten Anschreiben.
"Durch Schüren von Ängsten und bewusste Fehlinformation" habe Verdi bereits "einen nicht zu unterschätzenden Anteil" an der Abwicklung der Pflegekammern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, hielt Bechtel vor und schlug der Gewerkschaft eine kooperative Zusammenarbeit vor:
"Die Kammer wird nie Anspruch erheben, Tarifpartner zu werden."
Vielmehr suche der Gründungsausschuss den Schulterschluss mit der Gewerkschaft. Mit einem Dreiklang in der Pflege, also der Zusammenarbeit von Pflegekammern, Gewerkschaften und Berufsverbänden, sei "einiges" zu erreichen. So könne Verdi beispielsweise von einer von der Pflegekammer erlassenen Fort- und Weiterbildungsordnung profitieren. Damit hätte sie "ein weiteres Pfund in der Hand für die Tarifverhandlungen".