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Selbstverwaltung

Wie Lobbyarbeit für beruflich Pflegende in Bayern funktioniert

Die VdPB wird nach sieben Jahren reformiert. Wir klären, warum, was die VdPB bislang erreicht hat und wie es künftig weitergehen soll.

Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) setzt sich seit 2017 für die Belange von Pflegekräften in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie ambulanten Diensten im Freistaat ein. Jetzt steht eine Reform an. Wir klären, warum, was die VdPB bislang erreicht hat und wie es künftig weitergehen soll.

Die Geschichte der VdPB beginnt offiziell 2016. Damals brachte die Bayerische Staatsregierung einen Gesetzentwurf zur Gründung einer Pflegevereinigung ein. Was für Heilberufe seit langer Zeit selbstverständlich war – schon 1871 wurde in Bayern die erste Ärztekammer gegründet – fehlte in der Pflege bis in die 2000er-Jahre.

Dem Gesetzentwurf vorausgegangen waren lange Diskussionen über die Form der Interessenvertretung: Würden die Pflegenden besser vertreten durch eine Kammer mit Pflichtmitgliedschaft und Pflichtbeiträgen – oder durch eine freiwillige und beitragsfreie Vereinigung? Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten der Vereinigung. Sie ist – genau wie Kammern – eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und handelt auf Augenhöhe mit Politik und Heilberufekammern.

Am 24. April 2017 beschließt der bayerische Landtag das Gesetz zur Errichtung einer Vereinigung der Pflegenden in Bayern. Ein halbes Jahr später, am 24. Oktober 2017, trifft sich der Gründungsauschuss der Vereinigung: 25 Pflegekräfte, die als erste Amtshandlung einen vorläufigen Vorstand wählen.

Vormerken: Interview mit VdPB-Präsidentin Kathrin Weidenfelder

In der September-Ausgabe von Die Schwester | Der Pfleger spricht die neue VdPB-Präsidentin Kathrin Weidenfelder mit der Redaktion über die Organisation einer durchsetzungsstarken Pflegelobby, die Zusammenarbeit mit Pflegekammern und die Einführung des Berufsregisters in Bayern.

Der Gründungsausschuss erlässt eine Hauptsatzung. In Oberschleißheim bei München wird eine Geschäftsstelle eröffnet und mit hauptamtlichen Verwaltungskräften besetzt. Präsidium und Vorstand widmen sich intensiver Netzwerkarbeit, erarbeiten eine Wahl- sowie Entschädigungsordnung und befassen sich mit zahlreichen organisatorischen Fragen. Parallel wird die Verwaltung aufgebaut; auf ihrer Website und in Social-Media-Kanälen informiert die Vereinigung über ihre Aufgaben und Ziele. Ende 2018 werden dann schließlich die ersten Mitglieder aufgenommen.

Im März 2019 zieht die VdPB-Geschäftsstelle von Oberschleißheim nach München. Die Vereinigung hält ihre erste Mitgliederversammlung ab.

Mittlerweile hat die VdPB eine große Bandbreite an Serviceleistungen für Pflegende etabliert – und sie werde in weiten Teilen der Berufsgruppe als ansprechbar in allen Professions-Belangen wahrgenommen, berichtet Kathrin Weidenfelder, die seit Ende Juni VdPB-Präsidentin ist. "Für die Praxisanleitenden sind wir fachliche Anlaufstelle und arbeiten ständig an der Vernetzung sowie der Qualifizierung der Kolleginnen und Kollegen."

Als bayerische Vertretung der Pflegeberufe etabliert

Mit der Beauftragung der Monitoring-Studie lägen "endlich" Zahlen und Daten vor, an denen in der Gestaltung der bayerischen Pflegelandschaft keiner mehr vorbeikomme. Die Liste der Gremien, in denen die VdPB für die Pflege die Stimme erhebe, sei lang, betont Weidenfelder. "Berufspolitisch sind wir sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene als bayerische Vertretung der Pflegeberufe etabliert."

Etwa 170.000 Frauen und Männer arbeiten in Bayern in der Pflege. Allerdings sind nur rund zwei Prozent von ihnen von der – immerhin freiwilligen und kostenlosen – Interessenvertretung überzeugt und Mitglied. Die Frage, ob das eine ausreichende Legitimation für die VdPB ist, sieht Weidenfelder entspannt: Es gehe eben nicht um eine Zahl, sondern um die Lobbyarbeit gegenüber den politischen Verantwortlichen.

Außerdem verzeichne die Vereinigung beispielsweise im Gegensatz zu Berufsverbänden – auch den mitgliederstarken – kontinuierlich deutliche Zuwächse. "Das soll nicht heißen, dass wir damit zufrieden wären und uns nicht eine sehr viel höhere Mitgliederzahl wünschen würden. Das bleibt immer eine große Herausforderung. Gleichzeitig weiß ich, dass wir mit einem konsequenten fachlichen Angebot an unsere Kolleginnen und Kollegen und einer ebenso konsequenten Vertretung gegenüber den politischen Verantwortlichen entsprechende Erfolge erzielen werden, und das wird uns als Selbstverwaltung inhaltlich und öffentlich stärken, auch in den Mitgliederzahlen."

Was die Legitimation der VdPB betreffe, beziehe sie diese als Körperschaft des öffentlichen Rechts zunächst einmal genau wie die beiden existierenden Landespflegekammern in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen aus der gesetzlichen Grundlage und den damit verbundenen demokratischen Prozessen. "Darüber hinaus ist meiner Ansicht nach die Unterstützung aus der Berufsgruppe umso wertvoller, je mehr sie einer freiwilligen Entscheidung entspringt", verdeutlicht die VdPB-Präsidentin.

VdPB-Reform: Registrierungspflicht, aber keine Pflichtmitgliedschaft

Im Januar dieses Jahres hatte Bayerns Gesundheits- und Pflegeministerin Judith Gerlach (CSU) angekündigt, ein verpflichtendes Berufsregister für Pflegefachpersonen etablieren zu wollen, das die VdPB führen soll. Das Register ist im novellierten und vom bayerischen Landtag mittlerweile verabschiedeten Bayerischen Pflegendengesetz als Aufgabe der VdPB nun gesetzlich verankert. Von Juni 2025 an wird die Registrierung aller in Bayern tätigen Pflegefachpersonen verpflichtend. Allerdings: Die Registrierung – und das hat Gerlach erst kürzlich öffentlich noch einmal betont – berühre nicht die Mitgliedschaft in der VdPB, die weiterhin freiwillig bleibe.

Mit der Gesetzesnovellierung ist der VdPB auch die Aufgabe übertragen worden, eine Berufs- sowie eine umfassende Weiterbildungsordnung zu formulieren. Damit erhalte die VdPB eigene Befugnisse, um die Interessen der beruflich Pflegenden im Sinne einer starken Selbstverwaltung zu berücksichtigen. Das sei ausgesprochen wichtig, sagt Weidenfelder. Allerdings trügen andere Faktoren "sehr viel mehr dazu bei", die Interessen beruflich Pflegender angemessen und in interprofessionellen Zusammenhängen auf Augenhöhe zu vertreten. Dazu zähle etwa das Engagement der Vereinigung zur Stärkung von Vorbehaltsaufgaben, zur Professionsentwicklung und das Wiedereinstiegsprogramm. Mit all diesen Punkte habe die VdPB die Interessen der Berufsgruppe "sehr effizient" vertreten und werde dies auch künftig tun. Eine gesetzliche Übertragung dieser Aufgabe umfasse alle beruflich Pflegenden in Bayern und nicht nur jene, die sich registriert hätten.

Mit der Änderung der gesetzlichen Grundlage für die VdPB, sei aber auch eine andere Positionierung und Ausrichtung der Vereinigung erforderlich, gibt Weidenfelder zu bedenken. Dazu zählten zum Beispiel eine breite vorbereitende Diskussion auf allen Ebenen und eine "äußerst transparente Kommunikation" zur Umsetzung des Berufsregisters sowie die Sicherstellung der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, die bislang über die Verbandsmitgliedschaft in der VdPB die Interessen ihrer Mitglieder vertreten haben. Im novellierten Gesetz sei diese Art der Mitgliedschaft nicht mehr vorgesehen. Außerdem sei es wichtig, die Institutionalisierung des Haushalts zu forcieren, um die Wahrnehmung der neuen Aufgaben dauerhaft abzusichern.

Grundsätzlich hat Weidenfelder die Idee der berufsständischen Selbstverwaltung in der VdPB motiviert. "Ich wäre nicht von Anfang an dabei gewesen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass die Selbstverwaltung des Berufsstands auf Basis freiwilliger Mitgliedschaft und Finanzierung durch den Freistaat sinnvoller ist als eine Kammer", sagt sie. Natürlich brauche es dafür den Rückhalt der politisch Verantwortlichen und selbstverständlich müsse die VdPB genauso für ihre Themen "werben" und sie an den richtigen Stellen platzieren, wie die Kammerkolleginnen und -kollegen das auch tun müssten. "Ich bin aber vor allem der Überzeugung, dass wir innerhalb der Profession aufhören müssen, Zeit mit Diskussionen über den richtigen Weg zu verschwenden. Vielmehr ist es dringend notwendig, dass man sich in konstruktiven Gesprächen zu den gemeinsamen Anliegen austauscht und bundesweit zu einer gemeinsamen Stimme kommt. Und dazu gehören auch die Gewerkschaften und Berufsverbände. Dann hätte die Selbstverwaltung der Pflege auch da eine Chance, wo Kammern gescheitert sind."

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