Impfungen gegen das Corona-Virus seien eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Das betonen immer mehr Pflegeverbände und fordern eine Ausweitung der ab März geltenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht auf alle Personen in Deutschland.
Viele rechtliche Fragen ungeklärt
Trägerschaften und Mitarbeitende dürften jetzt nicht allein gelassen werden, forderten die Diakonie Deutschland und der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) am Dienstag in einer gemeinsamen Mitteilung. Die Kompensation fehlenden Personals bei einer ohnehin dünnen Personaldecke dürfe nicht an jenen hängen bleiben, die sowieso schon verantwortlich handelten und geimpft seien. DEVAP-Vorsitzender Wilfried Wesemann sagte:
"Zweifelsfrei ist die Impfung der beste Weg. Dafür Sorge zu tragen, ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung."
Für Diakonie-Vorständin Maria Loheide wäre eine allgemeine Impfpflicht auch eine "Wertschätzung für die Pflege". Gleichzeitig verwies sie auf "noch viele rechtliche Fragen der Umsetzung", die ungeklärt seien. Die Politik müsse rasch handeln, damit kein bundesweiter Flickenteppich entstehe. Die örtlichen Gesundheitsämter brauchten Leitlinien für einheitliche Kriterien. Das dürfe nicht zulasten der Einrichtungen geschehen.
Weitere Engpässe beim Personal befürchtet
Auch für die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) ist eine allgemeine Impfpflicht "nach wie vor alternativlos" und der einrichtungsbezogene Immunitätsnachweis ein "falsches Signal". Diese Art der Impfpflicht komme "bei der großen Mehrheit der Beschäftigten" nicht gut an, weil sie als "Ausdruck eines grundsätzlichen Misstrauens verstanden" werde, verdeutlichte VdPB-Präsident Georg Sigl-Lehner ebenfalls am Dienstag. Strenge Hygieneregime in Kliniken und Pflegeeinrichtungen gebe es nicht erst seit Corona. Jetzt nur dort eine "De-facto-Impfpflicht" einzuführen, sei unverhältnismäßig.
Zudem sei fraglich, wie die Einrichtungen den erneuten Mehraufwand aufgrund der Nachweispflicht stemmen sollten. Zumal Sigl-Lehner davon ausgeht, dass die Dynamik der Omikronwelle noch einmal weitere Löcher in die Personaldecke reißen wird.
Die brisante Personalnot in den Gesundheitsberufen und speziell in der Pflege bleibe im Konzept des einrichtungsbezogenen Immunitätsnachweises "vollkommen unberücksichtigt".
Entspannter sieht das allerdings die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Deren Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß sagte der "Rheinischen Post" am Dienstag, dass ihn noch keine Meldungen zu möglichen Kündigungen aus den Kliniken aufgrund der Impfpflicht erreicht hätten.
Allgemeine Impfpflicht ab Mai?
Ein "fast unlösbares Problem" sieht die Präsidentin des Deutschen Pflegerats auf die Pflege zurollen. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte sie in dieser Woche:
"Wir können es uns eigentlich nicht erlauben, dass Beschäftigte kündigen oder dass sie freigestellt werden und damit für die Bewältigung der Arbeit verloren gehen."
Vogler befürchtet zwar weniger Kündigungen von Fachpersonal, die wegen der Impfpflicht ihre Stellen aufgeben, jedoch mehr Kündigungen von unterstützenden Mitarbeitenden wie Betreuungspersonal oder Küchen- und Reinigungskräften.
Für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) lasse sich derzeit aufgrund der Datenlage nicht seriös einschätzen, "ob es durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht wirklich zu vielen Kündigungen kommen wird". Klar sei aber, dass nicht erst seit der Corona-Pandemie "ein eklatanter Personalmangel in den Pflegeberufen" herrsche, berichtet die Funke Mediengruppe weiter und zitierte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein:
"Jede Kündigung verschärft diesen Mangel und das führt zu einem weiteren Versorgungsmangel in allen pflegerischen Bereichen."
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte am Dienstagabend in "RTL Direkt" geäußert, er wolle eine (allgemeine) Impfpflicht bis spätestens Mai. Sie müsse schnell kommen, damit diejenigen, die noch nicht geimpft seien, bis zum nächsten Herbst noch 3 Impfzyklen durchlaufen könnten.
Ab 15. März müssen u. a. Mitarbeitende in Krankenhäusern und Pflegeheimen einen Nachweis über ihre Corona-Impfung vorweisen können.