In der Debatte um die Gründung einer Pflegekammer in Baden-Württemberg sind sich Grüne, CDU, SPD und FPD v. a. in den Punkten Vollbefragung und Pflichtmitgliedschaft uneins. Das zeigte der erste pflegepolitische Talk des Landespflegerats (LPR) Baden-Württemberg am Mittwoch der Vorwoche.
Gleichzeitig kristallisierte sich heraus, dass die Kammergründung von keiner der diskutierenden Parteien komplett abgelehnt wird.
Thema wieder auf der politischen Agenda
Nachdem die Landesregierung aus Grüne und CDU seit fast einem Jahr im Land regiert, wolle sie nun das Thema Pflegekammer "zeitnah wieder auf die politische Agenda setzen", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Petra Krebs. Ihr Parteikollege Manfred Lucha hatte zum Ende der vorherigen Legislatur, im Herbst 2020, das Projekt bereits einmal verschoben.
Jetzt sagte Krebs deutlich:
"Die Relevanz der Profession Pflege wird derzeit leider oft nicht richtig erkannt. Hier kann die Pflegekammer eine Lösung sein."
Bereits der diesjährige Landeshaushalt berücksichtige entsprechende Mittel für die Kammergründung.
Für den pflegepolitischen Sprecher der CDU, Tim Bückner, funktioniert eine "Pflegekammer nur mit einer Pflichtmitgliedschaft" – denn eine freiwillige Mitgliedschaft sei nicht nachhaltig.
Vollbefragung aller Pflegenden?
Bückner äußerte sich zuversichtlich, dass am Ende der Mehrwert einer Kammer den zu entrichtenden Beitrag bei Weitem übersteigt und dies auch die Gegner erkennen werden.
Die Selbstverwaltung in Form einer Pflegekammer sei ein effektives Mittel für politische Beteiligung, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Florian Wahl. Allerdings solle sie im Idealfall auch ausreichend legitimiert sein. Er sei deshalb für eine Vollbefragung – eine Kammergründung wolle er an diesem Punkt aber nicht final festmachen.
"Wenn die Pflege eine Kammer wirklich will, ist das auch für mich der Weg."
Die FDP positionierte sich während der Diskussionsrunde zwar nicht generell gegen eine Pflegekammer, wohl aber gegen eine Pflichtmitgliedschaft. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann, begründete:
"Wir wollen nicht Niedersachsen 2 werden."
"Sehr viele Pflegende" seien zum Thema Pflegekammer nicht informiert. Kritik äußerte Haußmann auch an der 2018 durchgeführten Befragung zur Pflegekammer. Er sei deshalb, wie sein SPD-Kollege, für eine Vollbefragung der Pflegenden im Land.
Landespflegerats fordert zum Handeln auf
Unverständnis dazu äußerte LPR-Vorsitzende Susanne Scheck:
"Repräsentative Befragungen reichen an jeder Stelle im politischen System aus, nur bei der Pflege nicht."
Sie plädierte dafür, nicht wieder Zeit und Geld zu verschwenden, sondern endlich ins Tun zu kommen. Deutschland sei auf europäischer Ebene bereits das Schlusslicht, fasste sie die fortwährende Diskussion um eine Verkammerung des Pflegeberufs zusammen.