Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) hat die neue Bundesregierung aufgefordert, einen "Neustart in der Pflege" vorzubereiten, um eine humanitäre Pflegekatastrophe abzuwenden. Nötig sei dafür ein "Masterplan Pflege". Fachpersonen aus dem Pflege- und Gesundheitssystem sollten ihn erarbeiten. Eckpunkte dafür legte das DIP bereits am Donnerstag vor.
Weidner entsetzt von Sondierungspapier
Denn von den Hinweisen zur Pflege im Sondierungspapier der angehenden Ampelkoalition zeigte sich DIP-Direktor Frank Weidner "sehr entsetzt". Die Pläne seien "bestenfalls alter Wein in alten Schläuchen" und reichten nicht aus, die Probleme in der Pflege zu lösen. Ähnlich argumentierten in dieser Woche bereits der Deutscher Pflegerat und die Pflegekammer Rheinland-Pfalz.
Zwar setzten SPD, Grüne und FDP auf bessere Arbeitsbedingungen, angemessene Vergütung, mehr Anwerbung von Pflegefachpersonal aus dem Ausland, Entbürokratisierung, Digitalisierung und Personalbemessung.
"Das ist ja alles nicht falsch, aber das hören wir nun schon seit Jahren und kommen doch nicht von der Stelle."
Der DIP-Ansatz für den Masterplan sieht neben Investitionen in Pflege-Innovationen vor, Pflege zu einer eigenständigen Gesundheitsprofession auszubauen und die Arbeitsbedingungen sowie Vergütungen der Beschäftigten zu verbessern.
Notwendige Reformen werden Millidarden kosten
Weidner betonte aber auch:
"Die Investitionen für die Umsetzung eines Neustarts in der Pflege für Deutschland werden in die Milliarden gehen und müssen bereits jetzt in die Koalitionsverhandlungen eingepreist werden."
Im Detail sieht der DIP-Vorschlag wie folgt aus:
- Arbeitsgruppe Masterplan Pflege einsetzen
Gleich zu Beginn der Arbeit der neuen Bundesregierung soll eine „Arbeitsgruppe Masterplan Pflege“ mit Fachleuten aus dem Pflege- und Gesundheitssystem besetzt werden. Die Arbeitsgruppe soll in erster Linie erkenntnisgeleitet und nicht interessensorientiert zukunftsfähige Wege für eine Neuaufstellung der Pflege im bundesdeutschen Gesundheitssystem ausloten, erarbeiten und beschreiben. Ein Ziel muss dabei sein, die gesundheitliche Versorgungssicherheit der Bevölkerung durch eine systematische Neuaufstellung und Aufwertung der beruflichen Pflege zu erreichen. Neben der Schaffung eines Innovationsklimas für die Pflege muss es um eine Weiterentwicklung der Pflege zur eigenständigen Gesundheitsprofession sowie um Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Vergütung in der Pflege gehen. - Investitionen in Innovationen tätigen
Wie bei allen anderen gesellschaftlich relevanten Herausforderungen fallen die Lösungen nicht vom Himmel, sondern werden durch Investitionen in Forschung, Wissenschaft und Innovation herbeigeführt. Das soll ab sofort auch für die berufliche Pflege in Deutschland gelten. Innerhalb der kommenden Legislatur muss daher eine leistungsfähige Pflegeforschungsinfrastruktur in Deutschland aufgebaut werden. Die vorhandenen Möglichkeiten zum primärqualifizierenden Pflegestudium müssen zugleich finanziell hinreichend ausgestattet und damit attraktiver für Studierende werden. Innovation in der Pflege und ihre Akademisierung gehören zusammen. - Pflege zur eigenständigen Gesundheitsprofession weiterentwickeln
In den vergangenen Jahren wurden bereits Weichen gestellt, um die berufliche Pflege in Deutschland, so wie es international bereits üblich ist, zu einer eigenständigen Gesundheitsprofession auf Augenhöhe neben Medizin und anderen Gesundheitsakteuren weiterzuentwickeln. Dazu zählen pflegerische Vorbehaltsaufgaben, eigenständige Heilkundeausübung, z. B. bei chronischen Erkrankungen, sowie erweiterte Kompetenzen bei der Verordnung von Hilfsmitteln und Medikamenten. Mehr Verantwortung heißt dann auch Karrieremöglichkeiten in der Pflege und zunehmende Attraktivität. - Arbeitsbedingungen und Vergütungen verbessern
Selbstverständlich müssen die Anstrengungen um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Weiterentwicklung der Vergütungen in der beruflichen Pflege mit einer bundesweiten Fachkräfte- und Qualifizierungsoffensive fortgesetzt und intensiviert werden. Im Masterplan Pflege für Deutschland sollen dazu neue Anregungen und Ansätze entwickelt und angeschoben werden.