Der Landtag in Schleswig-Holstein hat vergangenen Freitag, wie zu erwarten war, das Gesetz zur Auflösung der Pflegekammer im Land beschlossen. Er entschied darüber ohne weitere Debatte. Erst 2 Tage zuvor war das Gesetz in erster Lesung beraten worden. Innerhalb von nur 8 Wochen nach der Abstimmung über den Fortbestand der Pflegekammer hat die Jamaika-Koalition damit beschlossen, die Kammer noch in diesem Jahr abzuwickeln.
Für dieses Vorgehen der Politik findet das Mitglied der Bundespflegekammer, Markus Mai, deutliche Worte:
"Die Auflösung der Pflegekammer ohne Möglichkeit zur Aussprache und Anhörung durchzupeitschen, zeigt ganz klar, dass die Regierungsparteien einer inhaltlichen Debatte aus dem Weg gehen wollen. Es ist jedoch demokratisch fragwürdig, die betroffenen Gruppen wie Patienten, Verbrauchervertreter und andere Gesundheitsberufe nicht zu hören."
Bereits bei der Kammerbefragung habe die Politik mit ihrem Fokus auf die Beitragspflicht eine Kammerauflösung forciert – nach Ansicht von Mai auch, um die politischen Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre zu vertuschen.
"Das Schlimme ist, dass die politischen Akteure keinen Plan haben, wie die pflegerische Versorgung der Bevölkerung in Schleswig-Holstein jetzt und in Zukunft gesichert werden soll. Die Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde nämlich nicht als Selbstzweck für die Berufsgruppe, sondern – wie das bei anderen Kammern auch der Fall ist – im Interesse der Gesamtbevölkerung errichtet."
Die Probleme in der Pflege ließen sich nur gemeinsam mit der größten Berufsgruppe im Gesundheitssystem lösen. Die Regierungsparteien blieben in Schleswig-Holstein jedoch jede Antwort schuldig, wie die beruflich Pflegenden gestärkt und auf Augenhöhe in politische Entscheidungen einbezogen werden sollen.
Auch aus Sicht der Pflegekammer Schleswig-Holstein bleiben drängende Probleme unbearbeitet und viele Fragen offen.
Beteiligung der Profession Pflege fällt hinter Niveau von 2015 zurück
Die Kammer sei in zahlreichen Gremien des Gesundheitssystems vertreten gewesen, aus denen sie jetzt austrete. Damit falle die Beteiligung des Berufsstands noch unter das Niveau von 2015 zurück. Damals sei immerhin eine Beteiligung der maßgeblichen Pflegeberufsverbände gegeben gewesen.
Zahlreiche Projekte in Ausschüssen und Arbeitsgruppen seien weit fortgeschritten. An diesen könne und müsse weitergearbeitet werden, betonte die Pflegekammer. Die Ergebnisse ihrer Arbeit wolle sie deshalb auch für die Öffentlichkeit verfügbar machen.
Der Vizepräsident der Pflegekammer Schleswig-Holstein, Frank Vilsmeier, sagte:
"Das Ende der Kammer bedeutet nicht das Ende der Probleme und Herausforderungen in der Pflege. Im Gegenteil: Mit Blick auf einen drohenden Pflexit, eine riesige Berentungswelle in den nächsten Jahren und den schon akuten Mangel an Pflegefachpersonen ist Tempo geboten. Mit dem Ende ihrer Heilberufekammer verlieren Pflegefachpersonen erheblich an Einfluss. Was gute Pflege ist und braucht, bestimmen wieder berufsfremde Akteure im Gesundheitssystem."