Der Landtag in Schleswig-Holstein hat am Mittwoch in erster Lesung ein Gesetz zur Auflösung der 2018 gegründeten Pflegekammer auf den Weg gebracht. Nicht nur Vertreterinnen und Vertreter der Koalition aus CDU, Grüne und FDP, sondern auch von AfD und SSW kündigten die Auflösung noch in diesem Jahr an. Bereits am Freitag soll das Gesetz verabschiedet werden.
Im März hatten die Mitglieder der Pflegekammer in einer Abstimmung mit großer Mehrheit für die Auflösung votiert. Fast 92 % der teilnehmenden Mitglieder stimmten dafür, gut 8 % waren für eine Fortführung der Kammer.
CDU-Fraktionsvize Katja Rathje-Hoffmann sprach am Mittwoch von "geballter Ablehnung" gegen die Kammer – auch von Gewerkschaften, freien Wohlfahrtsverbänden und Arbeitgeberverbänden.
"Es wurde immer deutlicher erkennbar, dass der größte Wunsch der Fachkräfte nach einer besseren Bezahlung und nach besseren Arbeitsbedingungen nicht durch die Pflegeberufekammer erfüllt werden konnte."
Stattdessen habe sich die Einrichtung "mit sich selbst und dem Aufbau von neuer Bürokratie" beschäftigt.
FDP-Vertreter Dennys Bornhöft erklärte es für wünschenswert, "dass die Pflegekräfte eine Vertretung finden oder gründen, mit der sie gemeinsam auf die Straße gehen würden und nicht gegen sie". Nötig sei eine Vertretung mit großem Rückhalt "und möglichst der Kompetenz", an den Arbeitsbedingungen auch wirklich etwas zu verändern.
"Die Form sollte aber nicht von der Politik vorgeben werden, erst recht nicht, wenn die betroffene Berufsgruppe nicht oder zu wenig beteiligt wird."
Grünen-Abgeordnete Marret Bohn verdeutlichte, der Wunsch sei ursprünglich gewesen, dass Pflegende bei allen politischen Beratungen mit am Tisch sitzen und mit entscheiden.
"So, wie es für die Ärztekammer und die Psychotherapeutenkammer selbstverständlich ist. Wir werden andere Wege finden müssen, um mit der Pflege über die Pflege zu sprechen. Das ist unsere Aufgabe als Parlament."
Der Regionalverband Nordwest des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) sieht in dem Kammer-Aus Verlierer sowohl auf politischer als auch pflegerischer Seite.
Die stellvertretende DBfK-Nordwest-Vorsitzende Swantje Seismann-Petersen sagte:
"Was uns als Berufsverband wirklich bedrückt, ist die Tatsache, dass so viele beruflich Pflegende, aber auch die Verantwortlichen in der Politik nicht verstanden haben, dass sie am Ende nur als Verlierer aus diesem Politgeschacher herausgehen können. Wir stehen vor der herkulischen Aufgabe, die pflegerische Versorgung der Bevölkerung Schleswig-Holsteins für die Zukunft zu sichern, und wir sehen nach dem Kammer-Aus niemanden, der dieser Aufgabe gerecht werden kann. Wir als Verband werden jedenfalls alles tun, was wir können, um die drohende berufspolitische Leerstelle in Schleswig-Holstein zu füllen."
Für die Abwicklung der Kammer im Land stehen höchstens 5 Mio. Euro zur Verfügung. Weitere Kosten muss die Kammer tragen.
Beitragsbescheide für das Jahr 2020 bleiben gültig und müssen beglichen werden, für 2021 werden allerdings keine Beiträge mehr erhoben.
Erst Ende April wurde auch die Abwicklung der Pflegekammer Niedersachsen beschlossen.