GKV-Spitzenverband und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen haben auf Bundesebene Empfehlungen für die Rahmenverträge für ein Personalbemessungssystem (PeBeM) in der stationären Altenpflege vorgelegt. Dazu ein kritischer Kommentar vom Vorsitzenden des Pflegebündnisses Mittelbaden und Mitglied im Landesvorstand Bundesverband Pflegemanagement Baden-Württemberg, Peter Koch.
Es ist wieder ein Abbild des zögerlichen Handelns auf allen Ebenen im System. Wir sind schlicht zu langsam, um die großen Herausforderungen, vor der die Pflege und die Gesellschaft insgesamt steht, zu lösen und die richtigen Weichen zu stellen. Ich wünsche mir für die Pflege eine Dynamik, wie sie jüngst bei der Errichtung der Flüssiggasterminals an den Tag gelegt wurde. Spätestens seit der Veröffentlichung des Abschlussberichts von Gesundheitsökonom Heinz Rothgang im August 2020 war klar, wohin die Reise geht und welche Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Umsetzung von den politischen Akteuren, der Selbstverwaltung und auch von den Einrichtungen gestaltet werden müssen. Doch man wartete auf weitere Vorgaben. In der Zwischenzeit lagen die Verhandlungen der Rahmenverträge nach § 75 SGB XI in den meisten Bundesländern auf Eis. Die Bundespolitik gibt sich damit zufrieden, den Ball an die Selbstverwaltung weitergespielt zu haben. Die Einrichtungen saufen im Tagesgeschäft ab und versuchen das marode System am Laufen zu halten.
Wichtige Aspekte fehlen
Aus meiner Sicht sind die entscheidenden Punkte zu einer erfolgreichen Umsetzung gut in der Erklärung der Selbstverwaltung in der Anlage zur Rahmenempfehlung zusammengefasst. Sie sind jedoch noch um einige wichtige Aspekte zu ergänzen.
So sind die Ausbildungskapazitäten, insbesondere für das Qualifikationsniveau 3, abzusichern und vor allem auszubauen. Hier sind nicht zuletzt die Länder in der Pflicht die Schulkapazitäten zu erhöhen, sich in der Qualifikation von Pädagoginnen und Pädagogen massiv zu engagieren sowie die Universitäten und Schulen finanziell stärker zu unterstützen.
Die Anerkennung von internationalen Berufsabschlüssen ist zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die Zuwanderung muss erleichtert werden und wir brauchen eine Ausbildungsmöglichkeit mit Bleibeperspektive – auch für Helferberufe.
Die Bürokratie ist deutlich zu vereinfachen und zu beschleunigen. Hier ist die Bundespolitik gefordert.
Pflegehelferausbildung bundeseinheitlich gestalten
Die Finanzierung der Ausbildung kann und darf nicht allein zulasten der Pflegebedürftigen in den Einrichtungen gehen. Leider ist in dem aktuellen Referentenentwurf des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes hierzu nichts zu lesen.
Die Pflegehelferausbildung sollte bundeseinheitlich ausgestaltet werden und es muss eine Finanzierung analog der Ausbildung zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann über einen Ausbildungsfond erfolgen. In den vergangenen Jahren spielte sie in den stationären Einrichtungen nur eine untergeordnete Rolle. Meist wurde sie als Einstiegsqualifikation in die Pflegefachausbildung gesehen und stellte nur eine Kostenposition dar, die in den Pflegesatzverhandlungen immer kritisch hinterfragt wurde. An diesem Punkt sind auch die Tarifpartner gefragt, da es gilt, die neue, aufgewertete Pflegehelferausbildung in den Tarifstrukturen adäquat abzubilden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vereinheitlichung von landesrechtlichen Regelungen – zum Beispiel zur Fachkraftquote und zum Nachtdienst. Mit etwas mehr Mut wäre dieser Punkt auch direkt in der Empfehlung zu platzieren gewesen.
Es bleibt festzuhalten, dass gerade dann, wenn es um die personelle Ausstattung und die Sicherung der Qualität in der Pflege der Einrichtungen geht, pflegerische Fachexpertise und Mitbestimmung in den Gremien der Selbstverwaltung essenziell sind. Hier muss politisch gehandelt werden!
Chance für die stationäre Langzeitpflege
Die Einrichtungen stehen davor, ihre Prozesse und Organisationsstruktur im pflegerischen Bereich neu zu denken. So sind die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus der Kolleginnen und Kollegen zu ermitteln. Dann müssen die Aufgaben den verschiedenen Qualifikationsniveaus zugeschrieben werden und es muss am jeweiligen Rollenverständnis gearbeitet werden.
Wenn parallel die politischen Rahmenbedingungen zügig angegangen werden, stellt das neue Personalbemessungssystem eine Chance für die stationäre Langzeitpflege dar und kann ein Lösungsansatz für die die Herausforderung der Versorgungssicherung in unserem Land sein.