Mit der aktuellen Studie "PROTECT" will die Universitätsmedizin Halle (Saale) untersuchen, wie freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in Krankenhäusern vermieden werden können. Denn FEM würden nach wie vor häufig angewendet und noch zu wenig hinterfragt – wenn auch zunehmend kritisiert.
FEM sind oft eine Rechtsverletzung und begünstigten Unfälle
Bettgitter, Stecktische an Rollstühlen oder Fixiergurte seien ein Eingriff in die Freiheit der betreffenden Person und oftmals auch eine Rechtsverletzung – auch wenn sie mit "guter" Absicht eingesetzt würden, teilte die Uni am Montag mit.
Aus wissenschaftlicher Sicht ereigneten sich z. B. nicht mehr Stürze, wenn ein Bettgitter weggelassen und dafür eine andere Maßnahme ergriffen werde. Vielmehr entstünden viele Gefahren erst aufgrund des Einsatzes von FEM. Tendenziell passierten sogar schwerere Unfälle, weil bspw. Patientinnen und Patienten über das Bettgitter kletterten und damit aus größerer Höhe fielen, verdeutlichte Studienleiter Jens Abraham vom Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Universitätsmedizin Halle.
Hinzukomme, dass sich Pflegende und ärztliches Personal im Klaren sein müssen, was Freiheitsentzug bedeutet, und dies auch eine ethische Fragestellung ist.
Niedrigbetten als Alternative
Alternativen seien z. B. Sturzmatten, Mobilitätshilfen oder Niedrigbetten. Auch veränderte Abläufe könnten helfen, etwa reduzierte nächtliche Kontrollgänge bei ausgeschaltetem Licht, um das Aufwachen und damit eine mögliche Desorientierung der Patientinnen und Patienten zu verringern.
An der randomisierten, kontrollierten Studie "PROTECT" nehmen über 6 Monate 6–8 Krankenhäuser mit voraussichtlich 28 Stationen in der Region Halle-Leipzig teil.
14 Stationen setzen das Interventionsprogramm um, die übrigen 14 Stationen behalten die Versorgung mit FEM als Kontrollgruppe bei.
Abraham:
"Ziel ist es, daraus ein evidenzbasiertes Konzept für das Weglassen von FEM und den Einsatz von alternativen Strategien zu entwickeln. Es ist ein patientenorientierter Ansatz, der aber auf Erkenntnissen der Pflegeforschung basiert und – so hoffen wir, zeigen zu können – pflegerische Maßnahmen für alle Beteiligten nachhaltig positiv verändern kann."
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt über 3 Jahre mit rd. 580.000 Euro.