Freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bettgitter, Bauchgurte oder ruhigstellende Medikamente sind für pflegebedürftige Menschen gefährlich. Sie können zu schwerwiegenden Verletzungen führen - im schlimmsten Fall bis zum Tod. In den meisten Fällen gibt es gut umsetzbare Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen. Im Titelthema der der Aprilausgabe "Die Schwester der Pfleger" stellt Pflegeexperte Siegfried Huhn wichtige Maßnahmen sowie ihre Vor- und Nachteile vor:
1. Bewegungssensible Sensoren: Über Sensormatten oder Bewegungsmelder erhalten Pflegende ein Signal, wenn ein sturzgefährdeter Mensch aus dem Bett aussteigt. Allerdings kann vom Signal der Sensormatte bis zum Eintritt der Pflegenden etwas Zeit vergehen.
2. Bewegungslicht unter dem Bett: Beim Aufstehen beleuchtet das Licht dezent den Boden. Das erleichtert ein freies Bewegen, da der Raum überblickt werden kann. Diese Maßnahme ist jedoch nur für Menschen mit Gangsicherheit geeignet.
3. Geteiltes Bettgitter: Dieses ermöglicht das kontrollierte Aussteigen aus dem Bett. Menschen, die selbstständig das Bett über das Bettende verlassen können, haben so trotzdem die Sicherheit, im Schlaf nicht aus dem Bett zu rollen. Nachteil: Wenn durch das geteilte Bettgitter ein Aufstehen verhindert wird, kann die Maßnahme jedoch - je nach Einzelfall - eine freiheitsentziehende Maßnahme darstellen.
4. Niederflurbetten: Spezielle Betten können bis auf den Boden abgesenkt werden. Beim Herausfallen aus dem Bett verringert dies die Verletzungsgefahr erheblich. Allerdings erschwert ein solches Bett bei mobilen Menschen ein selbstständiges Aufstehen. Auch das Vorlegen einer Matratze vor die offene Bettseite kann die Verletzungsgefahr beim Herausfallen aus dem Bett verringern.
5. Bodenpflege: Verwendet man große Bodenmatratzen, kann das Sturzrisiko fast ausgeschlossen werden. Allerdings kann sich die Pflege am Boden für das Personal aufwendiger gestalten. Eine weitere Option ist es, zwei Betten zur Vergrößerung der Liegefläche zusammenzustellen. Auch hier wird die Gefahr des Herausfallens aus dem Bett reduziert, die Akzeptanz ist in der Regel gut.
6. Verstellbarer Pflegerollstuhl: Vielfältige Einstellungsmöglichkeiten verhindern ein Herausrutschen aus dem Rollstuhl nach vorn oder das seitliche Herauskippen vom Stuhl. Zu bedenken ist allerdings: Übermäßige Neigungen, die ein Aufstehen unmöglich machen, stellen eine freiheitsentziehende Maßnahme dar und sind genehmigungspflichtig,
7. Sitzwache: Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung ermöglicht es, den sturzgefährdeten Menschen konsequent zu beobachten und bei Bedarf sofortige Unterstützung anzubieten. Allerdings ist diese Maßnahme sehr kosten- und personalintensiv.
8. Hüftprotektoren: Hosen mit eingearbeitetem Schutzmaterial können im Fall eines Sturzes die Gefahr eines Oberschenkelhalsbruchs erheblich senken. Sie sind bequem zu tragen, werden aber nicht von allen Personen akzeptiert. Auch gibt es Produkte, die den Kopf und die Gelenke schützen. Sie sind ähnlich aufgebaut wie ein Sturzhelm, aber leichter zu tragen. Auch bei diesen gibt es Akzeptanzprobleme, zudem sind sie für die Nacht nicht geeignet.
9. Stoppersocken: Spezielle Socken, die unter dem Fuß rutschhemmendes Material besitzen, reduzieren die Sturzgefahr. Ein Aus- oder Wegrutschen wird beim Aufstehen aus dem Bett oder vom Stuhl verhindert. Allerdings muss eine gewisse Gangsicherheit vorhanden sein, da diese Socken sonst genau das Gegenteil bewirken und zu einem Sturz führen können.
10. Krankengymnastik/Balancetraining: Bewegungs- und Balancetraining unter fachlicher Aufsicht und Anleitung verringern erheblich die Sturzgefahr. Sie fördern die Mobilität und stärken den Gleichgewichtssinn. Diese Maßnahme ist kurzfristig zwar nicht geeignet, zeigt langfristig durch Muskelerhalt und -aufbau aber gute Erfolge.