Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat mit der "Mental Health or Nurses and Doctors (MeND)-Studie" die bislang größte Erhebung zur psychischen Gesundheit von Pflegepersonal und Ärzteschaft in Europa veröffentlicht. Über 90.000 valide Antworten aus 29 Ländern zeigen ein besorgniserregendes Bild: Jede dritte berufliche Pflegeperson leidet unter Symptomen von Depression oder Angststörungen, 13 Prozent berichten von Suizidgedanken. Damit liegt die Prävalenz psychischer Erkrankungen in der Pflege fünfmal höher als in der Allgemeinbevölkerung.
13 Prozent berichten von Suizidgedanken
Die Studie macht deutlich, wie stark Arbeitsbedingungen die mentale Gesundheit beeinflussen. 70 Prozent der Befragten erleben regelmäßig Aggressionen von Patientinnen, Patienten oder Angehörigen, ein Drittel wird gemobbt oder bedroht, mehr als 10 Prozent berichten von körperlicher Gewalt oder sexueller Belästigung. Hinzu kommen strukturelle Belastungen: Überstunden, Schicht- und Nachtarbeit sind weit verbreitet. 16 Prozent arbeiten mehr als 50 Stunden pro Woche, in der Ärzteschaft sogar 28 Prozent. Über die Hälfte der Pflegekräfte leistet regelmäßige Nacht- oder Wechselschichten.
Diese Bedingungen wirken sich nicht nur auf die Gesundheit der Beschäftigten aus, sondern auch auf die Versorgungssicherheit: Wer unter Depressionen leidet, nimmt häufiger krankheitsbedingt Auszeiten und denkt öfter daran, den Beruf aufzugeben.
Mentale Gesundheit als Schlüsselfaktor
Die WHO fordert deshalb sieben zentrale Maßnahmen:
- Null-Toleranz-Politik bei Gewalt und Mobbing
- Planbare und flexible Schichtmodelle
- Begrenzung von Überstunden und Arbeitsbelastung
- Verbindliche Schutz- und Unterstützungsstrukturen
- Zugang zu vertraulicher psychischer Hilfe
- Stärkung von Führungskräften im Umgang mit mentaler Gesundheit
- Regelmäßige Erhebung von Arbeits- und Gesundheitsdaten
Ohne bessere Arbeitsbedingungen droht demnach die ohnehin angespannte Personalsituation in der Pflege weiter zu eskalieren. Mentale Gesundheit ist ein Schlüsselfaktor für die Zukunft der Versorgung.