Um für künftige Herausforderungen in der Pflege gewappnet zu sein, brauche es eine gut organisierte Pflege, die zusammenstehe und ihre Stärke als Profession nutze. So hat der Bundesgesundheitsminister und Schirmherr des Deutschen Pflegetags, Jens Spahn (CDU), die Bedeutung der Pflege für die Gesellschaft am Donnerstagnachmittag zusammengefasst.
Gegen unhaltbare Zustände aufbegehren
Die Wertschätzung für den Pflegeberuf sei gestiegen – besonders in der Pandemie. Diese neu gewonnene Stärke der Profession müssten Pflegende nutzen. "Sie müssen nicht mehr alles mit sich machen lassen", sagte Spahn und forderte die Pflegenden auf, gegen unhaltbare Zustände aufzubegehren.
"Pflegende sitzen am längeren Hebel – aber diese Stärke funktioniert nur, wenn sie sich zusammenschließen. Wir brauchen eine gut organisierte Pflege."
Das betonte Spahn auf der Abschlussveranstaltung des Pflegetags. Dieser Antrieb müsse aber von den Pflegenden selbst kommen – etwa über den Zusammenschluss in Pflegekammern, die Spahn sehr befürworte, versicherte er.
Ab Februar 2021 weitere Pflegepersonaluntergrenzen
Die Politik ihrerseits habe in den vergangenen Wochen und Monaten viel getan, um die Profession Pflege zu stärken. Dazu gehörten u. a. Pflegepersonaluntergrenzen.
"Untergrenzen halte ich für wichtig. Ich lasse nicht zu, dass sie im Zuge der Pandemie komplett verschwinden. Sie werden bleiben."
Sie seien zum Schutz des Pflegepersonals implementiert worden und sollen künftig sogar auf weitere pflegerische Bereiche ausgedehnt werden, kündigte Spahn an. Bereits ab 1. Februar 2021 sollen zusätzlichen Untergrenzen gelten. In welchen Bereichen konkret ließ der Minister allerdings offen.
Aussetzen von Richtlinien: Nur regional spezifisch und zeitlich begrenzt
Die Untergrenzen seien eine rote Linie in Stresssituationen – in Extremsituationen wie der Corona-Pandemie könnten sie zwar teilweise und kurzfristig ausgesetzt werden, wie im Frühjahr geschehen. Das dürfe aber nicht zur Regel werden, warnte Spahn. Das betreffe auch das pauschale Aussetzen von Arbeitszeitrichtlinien, wie in Niedersachsen. Solche Maßnahmen dürften nur regional spezifisch und zeitlich begrenzt angeordnet werden.
Infizierte Pflegende arbeiten - die "zweitbeste Lösung"
Dass mancherorts mittlerweile sogar mit Corona infizierte Pflegende arbeiteten, solle "natürlich nicht sein und ist auch nicht im Sinn der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts". Aber wenn wegen Isolation und Quarantänemaßnahmen so viele Pflegende nicht mehr im Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung arbeiten könnten, dass die Versorgung zusammenzubrechen drohe, dann müsse nach der zweitbesten Lösung geschaut werden. Dann könne es notwendig werden, dass Kontaktpersonen mit täglichen Tests und FFP2-Masken weiter arbeiteten.
Viele Pflegende bekämen noch nichts von den angestoßenen Verbesserungen für die Profession mit, wie Prämienausschüttung, höhere Löhne oder besseren Arbeitsbedingungen durch Personalbemessungsinstrumente.
"Wir haben einen Marathon und keinen Sprint vor uns."
So warb der Minister um Verständnis und bat die Pflegenden, zu vertrauen, dass sich langfristig Besserungen zeigen würden.
Pflegende sollen eigenständige Verordnungsbefugnisse erhalten
Bereits im kommenden Jahr könnten sie schon mit einer Stärkung ihrer Autonomie rechnen. In Eckpunkten zur Pflegereform hat Spahn u. a. mehr fachliche Verantwortung für sie vorgesehen. Professionelle Pflegefachpersonen sollen dann künftig etwa bei Pflegehilfsmitteln eigenständige Verordnungsbefugnisse und damit mehr Entscheidungskompetenzen erhalten.