Die Profession Pflege treffe die zweite Welle der Corona-Pandemie mit "voller Wucht". Bisherige Lösungsversuche seien fragwürdig und böten keine Antworten auf die pflegerische Notlage. Das hat der Deutsche Pflegerat (DPR) in der vergangenen Woche betont. Pflegefachpersonen fehlten überall.
"Die Bewältigung der Corona Pandemie verlangt den professionell Pflegenden übermenschliche Arbeitsleistungen ab, die weit über das Limit dessen gehen, was normal ist."
Klagte DPR-Präsident Franz Wagner an.
Ein klares Konzept fehlt
Der Sommer sei nicht ausreichend genutzt worden, sich auf die Bewältigung der zweiten Welle vorzubereiten. Nach wie vor fehle ein klares Konzept, wie Pflegefachpersonen in Krisensituationen sinnvoll eingesetzt werden könnten.
"Völlig verfehlt und absolut indiskutabel" seien die geänderten Arbeitsbedingungen in Niedersachsen, wonach für Pflegende eine wöchentliche Arbeitszeit von bis zu 60 Stunden möglich ist. Hier werde per Verfügung das Arbeitszeitgesetz ausgehöhlt, mahnte Wagner weiter.
"Das ist politisch schäbig. In dieselbe Kerbe schlägt die Entscheidung, dass infizierte, symptomfreie Pflegende in Zukunft arbeiten sollen! Die professionell Pflegenden brauchen einen Arbeits- und Gesundheitsschutz, der seinen Namen verdient."
Expertise der Profession Pflege einbeziehen
Die Verantwortlichen müssten endlich beginnen, auf die Expertise der Profession Pflege zu vertrauen, sie an Entscheidungen gleichberechtigt zu beteiligen und deren wertvolles Know-how aufzugreifen.
Als ein No-Go bezeichnete Wagner zudem die Tatsache, dass die Beratungen des Bundesgesundheitsministeriums zur Corona-Pandemie ohne Vertretung der Pflegeberufe erfolgen.
Mai wartn vor einem Kollaps
Über eine Anhebung der Arbeitszeit, eine Aussetzung der Personaluntergrenzen oder den flächendeckenden Einsatz von positiv getesteten Pflegefachpersonen sollte erst gar nicht nachgedacht werden, betonte in der Vorwoche auch der Präsident der Pflegekammer Rheinland-Pfalz, Markus Mai.
Er warnte vor einem Kollaps. Es sei keine weitere Belastung des Pflegepersonals hinnehmbar. Insbesondere in den nächsten Wochen sei ein Kraftakt erforderlich, um die pflegerische Versorgung in Kliniken und Einrichtungen gewährleisten zu können. Die im Frühjahr gegründeten Freiwilligen-Pflegepools seien dabei eine große Unterstützung.
"Jede Hilfe zählt", so Mai.
Kritik übte Mai auch an den Corona-Schnelltests in Heimen. Zwar seien vermehrte Testungen sinnvoll und wichtig, aber sie bedeuteten gleichzeitig eine Mehrbelastung für Pflegende.
Gesundheitsdienste als Unterstützung
"Es kann nicht sein, dass ausschließlich Pflegepersonal für diese Aufgabe eingesetzt wird und dadurch die pflegerische Versorgung eingeschränkt wird", sagte der Kammerpräsident.
Sein Vorschlag: Die örtlichen Gesundheitsdienste sollten verstärkt Personal bereitstellen, um die Pflegeeinrichtungen beim Testen zu unterstützen.
Unterstützung in dieser Sache forderte in der vergangenen Woche auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste.