Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Deutsche Pflegerat (DPR) und die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz begrüßen das am Dienstag von der Regierungskommission vorgelegten Konzept einer grundlegenden Reform der Krankenhausfinanzierung.
Bienstein: Spitzenmedizin braucht Spitzenpflege
Eine grundlegende Reform – orientiert an benötigter pflegerischer und medizinischer Versorgung und sektorenübergreifend angelegt –, sei überfällig, kommentierte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein am Donnerstag in Berlin. Die Vorschläge haben aus ihrer Sicht u. a. das Potenzial, die Rolle der professionellen Pflege zu stärken.
Positiv bewertete sie, dass die Fallpauschalen (DRG) im Rahmen der Krankenhausfinanzierung künftig eine geringere Bedeutung haben und stattdessen Vorhaltebudgets eine zusätzliche Finanzierungssäule bilden sollen. Zwar würden die Fehlanreize des Systems, Quantität statt Qualität und Versorgungsbedarf zu honorieren, "nicht vollständig eliminiert, aber in der vorgeschlagenen Berechnung der Vorhaltebudgets zumindest begrenzt". Richtig und wichtig sei, das Pflegebudget weiterhin unangetastet zu belassen.
Für die vom DBfK befürwortete Zuordnung von Krankenhäusern zu Versorgungsstufen – Level 1–3 mit Untergruppierungen – sei wichtig, dass die künftigen Zuordnungskriterien "die Zusammensetzung und Qualifikationsanforderungen in den Pflegeteams berücksichtigen", so Bienstein.
Level 1i-Häuser (integrierte ambulant/stationäre Versorgung), "die unter pflegerischer Leitung stehen sollen, werden aus unserer Sicht eine Schlüsselrolle für die Reform und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in den Regionen übernehmen".
Bienstein plädierte für den Einsatz von Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen wie Community Health Nurses und Advanced Practice Nurses. Auch die Level 3-Kliniken (Maximalversorger) müssten "akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen in den Teams einsetzen, um die hochkomplexen Fälle pflegerisch gut versorgen zu können".
"Spitzenmedizin ohne Spitzenpflege funktioniert nicht."
Vogler: Hohe Handlungsautonomie für Pflege notwendig
Wie Bienstein befürwortete DPR-Präsidentin Christine Vogler die künftig herabgesetzte Bedeutung der DRG. Das entlaste die beruflich Pflegenden, sagte Vogler am Mittwoch in Berlin.
Die Krankenhausreform müsse begleitet werden von einer Reform über alle Sektoren des Gesundheitswesens hinweg. Deutlich mache dies die Zielsetzung, dass künftig Krankenhäuser des Level 1i "unter pflegerischer Leitung regional eine sektorenübergreifende steuernde Schlüsselrolle übernehmen sollen". Die geplante Zusammenarbeit mit regionalen Ärztinnen und Ärzten müsse gleichberechtigt erfolgen. Notwendig dafür seien eine Kompetenzerweiterung und eine hohe Handlungsautonomie der pflegerischen Berufe.
"Die beruflich Pflegenden benötigen hierfür die Selbstverwaltung der Pflegekammern. Auch dies muss im Gesamtkonzept neben einer umfassenden Bildungsstruktur beinhaltet sein."
Mai: Rolle der Profession Pflege wird aufgewertet
Auch der Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz, Markus Mai, begrüßte den Ansatz weg von der von den DRG verursachten ausschließlichen ökonomischen Betrachtung im Krankenhaus. Doch auch das neue Konzept sei aufgrund zusätzlicher bürokratischer Strukturen für die Vorhaltepauschale sehr komplex, verschwende zusätzlich Ressourcen und berge weiterhin das "Risiko einer Leistungsverdichtungsmaschinerie, weil ein großer Anteil der Finanzierung weiterhin über DRG erfolgt", so Mai am Dienstag in Mainz.
Künftig die Kosten der Vorhaltung, aufgeteilt nach Krankenhauslevel, zu übernehmen, sei sinnvoll und zügig umzusetzen. Positiv bewertete Mai die feste Einteilung der Krankenhäuser in drei Level. Wohnortnahen Grundversorgern nach Level 1 komme gemäß Reform eine besondere Bedeutung zu.
"Diese Häuser komplett aus dem DRG-System rauszunehmen, entlastet deutlich und bietet die Chance die ländliche Versorgung auch mit einem Fokus auf umfassend professionelle Pflegeversorgung komplett neu zu denken."
Dass sie zudem unter pflegerischer Leitung stehen können, bezeichnete Mai als absolute Neuerung, die die Pflege aufwerte.
Auch Krankenhausverbände und Krankenkassen haben sich zu den Empfehlungen der Regierungskommission geäußert. Die ersten Reaktionen sind verhalten.