Anlässlich der heutigen Anhörung zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) haben der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) und die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) eindringlich vor einer Schwächung der Versorgungsqualität gewarnt. Beide Organisationen kritisierten in Presseaussendungen am Mittwoch insbesondere die geplante Streichung der Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG) als verbindliches Qualitätskriterium – ein Schritt, der aus ihrer Sicht gravierende Folgen für die Patientensicherheit haben könnte.
Lux: "Pflege nicht ausklammern"
Der DBfK hebt hervor, dass die Krankenhausreform nicht ohne verbindliche Qualitätsvorgaben für die Pflege umgesetzt werden dürfe. DBfK-Präsidentin Vera Lux: "Wer von Qualität in der Krankenhausversorgung spricht, darf die Pflege nicht ausklammern. Ohne die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen bleiben die Qualitätskriterien in den Leistungsgruppen unvollständig."
Der aktuelle Gesetzentwurf sehe vor, die Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG) nicht länger als Struktur- und Prozessvoraussetzung in den Leistungsgruppen zu verankern. Damit entfalle der bislang einzige pflegerische Bezugspunkt in diesem Teil des Gesetzes. Der DBfK stelle daher klar, dass die PpUG kein geeignetes Instrument zur Sicherung von Pflegequalität seien. Sie stellten lediglich eine "rote Linie" dar, die nicht unterschritten werden dürfe. Dennoch dürften sie nicht aus den Leistungsgruppen herausgelöst werden, solange kein besserer verbindlicher Maßstab existiere.
"Wir haben mit der Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) ein fachlich fundiertes Instrument, das pflegerische Strukturqualität wirklich abbildet", sagte Lux. Bis zu deren verbindlicher Einführung müsse die PpUG als Mindestschutz für Patientinnen und Patienten weiterhin bestehen bleiben.
DBfK-Vorschläge
Der Verband hat fünf konkrete Schritte vorgeschlagen, um Pflegequalität systematisch in den Leistungsgruppen zu verankern:
- Pflegepersonaluntergrenzen übergangsweise beibehalten: Sie seien zwar kein Qualitätsindikator, aber derzeit der einzige gesetzliche Hinweis auf pflegerische Versorgung. Die PpUG müssten deshalb solange bestehen bleiben, bis die PPBV verbindlich in die Leistungsgruppen integriert sei.
- Pflegepersonalbemessung verankern: Die PPBV solle mit einem verbindlichen Erfüllungsgrad von mindestens 80 Prozent eingeführt und schrittweise auf 100 Prozent gesteigert werden.
- Qualifikationen berücksichtigen: Die Versorgungsqualität hänge auch von der Qualifikation des Personals ab. Der DBfK fordere verbindliche Quoten für akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen sowie die Einbindung spezialisierter Pflegefachpersonen und Advanced Practice Nurses in einzelnen Leistungsgruppen.
- Prozessqualität erfassen: Pflege müsse auch über die Gestaltung und Steuerung von Abläufen sichtbar werden – etwa durch die Durchführung des Pflegeprozesses nach § 4 PflBG und die gleichberechtigte Beteiligung an interdisziplinären Prozessen.
- Ergebnisqualität entwickeln: Neben klassischen Parametern wie Sturz- oder Dekubitusraten seien insbesondere Patientenberichte zu Erfahrungen und Outcomes (PREMs, PROMs) notwendig. Dafür müsse die Pflegewissenschaft gezielt gefördert werden.
Lux betonte: "Die Krankenhausreform muss sicherstellen, dass Patient:innen die Pflege bekommen, die sie brauchen – fachlich fundiert, qualitätsgesichert und wissenschaftlich weiterentwickelt."
DGIIN: Sicherheit von Millionen Patienten gefährdet
Die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin e. V. (DGIIN) hat in einer Stellungnahme vor einer dramatischen Verschlechterung der Patientenversorgung gewarnt. Der Referentenentwurf zum KHAG weiche zentrale Reformziele auf und gefährde die Sicherheit von Millionen Patientinnen und Patienten.
So sei die Streichung der Leistungsgruppen Notfallmedizin, Infektiologie und Kinderchirurgie aus fachlicher Sicht unhaltbar, eine Schwächung der Notfallversorgung gesundheitspolitisch fahrlässig. Die geplante Aufweichung von Mindeststandards durch weitreichende Ausnahmeregelungen untergrabe jede Qualitätsorientierung.
"Die Streichung der Pflegepersonaluntergrenzen als Qualitätskriterium bedeutet einen Tabubruch. Diese Untergrenzen sind das einzige wirksame Instrument, um Patientensicherheit auf Intensivstationen und anderen sensiblen Bereichen zu gewährleisten", schrieb die DGIIN.
"Wer Notfallmedizin, Pflegequalität und verbindliche Standards streicht, gefährdet Menschenleben", betonten der Sektionssprecher Pflege und Vorstandsmitglied DGIIN, Carsten Hermes, und der Präsident elect der DGIIN, Prof. Hans-Jörg Busch.
Zuvor hatte bereits der Deutsche Pflegerat (DPR) und das Gesundheitsministerium des Landes Brandenburg vor einer gravierenden Verschlechterung der pflegerischen Versorgung in deutschen Krankenhäusern gewarnt.