Nach Bekanntwerden des teilweisen Wiederinkrafttretens der Pflegepersonaluntergrenzen hat der Bundesverband Pflegemanagement zu Vorsicht und Sorgfalt geraten.
Die Pflegepersonaluntergrenzen einfach an der Stelle wieder aufzugreifen, wo sie vor wenigen Monaten ausgesetzt wurden, ist aus Sicht des Verbands nicht der richtige Ansatz. Vielmehr solle unter Zuhilfenahme des Pflegebudgets eine stabile Berechnungsbasis für Pflegeerlöse geschaffen werden.
Bechtel: "Personaluntergrenzen häufig als Obergrenze missbraucht"
Denn: "Die Personaluntergrenzen haben keinen Bezug zum Pflegeaufwand und werden zudem häufig als Obergrenze missbraucht", verdeutlichte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Pflegemanagement, Peter Bechtel, am Mittwoch.
"Gerade in Krisensituationen muss ich vor Ort verantwortlich über den Personaleinsatz entscheiden können und die Mitarbeiter dort einsetzen, wo sie entsprechend Ihrer Qualifikation am dringlichsten gebraucht werden", so Bechtel weiter.
Das Pflegemanagement hätte vor dem Hintergrund des bereits bestehenden Fachkräftemangels hier eine Herkulesaufgabe zu bewerkstelligen. Die COVID-19-Krise habe verdeutlicht, dass sich die Personalsteuerung künftig am tatsächlichen Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten orientieren müsse. Der Personalbedarf müsse über entsprechende, moderne Systeme, ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand, abgebildet und vergütet werden. Die Pflegeleistung müsse endlich zum Erlösfaktor werden, statt wie bisher als reiner Kostenfaktor betrachtet zu werden.
Das Pflegebudget könne helfen, Zeit zu gewinnen, um diese Systeme zu installieren.
Klarmann: "Es braucht eine rote Linie"
Die Pflegekammer Niedersachsen begrüßte indes das Wiedereinsetzen der Untergrenzen.
"Es wurde höchste Zeit, dass die Pflegepersonaluntergrenzen zumindest in der Geriatrie und Intensivmedizin wieder gelten. Es braucht eine rote Linie – und das in allen Bereichen eines Krankenhauses", betonte Kammerpräsidentin Nadja Klarmann.
"Es darf nicht sein, dass es vom Glück abhängt, ob Patientinnen und Patienten von einer Mindestanzahl an qualifizierten Pflegefachpersonen betreut werden." Die Qualität der Patientenversorgung in Krankenhäusern hänge maßgeblich von der Zahl gut ausgebildeter Pflegefachpersonen ab.
"Daher ist für eine professionelle Versorgung der Pflegebedürftigen ein Mindestmaß an Pflegefachpersonen unbedingt erforderlich", so Klarmann weiter.
Dass die Pflegepersonaluntergrenzen in vielen Fachbereichen bis Jahresende ausgesetzt bleiben sollen, sei nicht hinnehmbar. Auch hier seien sie schnellstens wieder in Kraft zu setzen.
Vilsmeier: "Alle Personaluntergrenzen müssen wieder gelten"
Unterstützung erhält Klarmann von der Pflegekammer Schleswig-Holstein. Auch sie plädiert dafür, dass alle Pflegepersonaluntergrenzen wieder gelten.
"Es ist höchste Zeit, dass alle Pflegepersonaluntergrenzen wieder gelten. Die festgelegten roten Linien zu unterschreiten bedeutet, Patienten zu gefährden und das Pflegepersonal zu überlasten", sagte der Vizepräsident der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, Frank Vilsmeier, am Freitag. Er erwarte zudem, dass in allen Bereichen eines Krankenhauses eine Mindestpersonalausstattung festgelegt werde.
"Jetzt nur 2 von 8 Behandlungsbereichen wieder in Kraft zu setzen, ist vollkommen unzureichend und lässt Pflegende und Patienten bis zum Ende des Jahres im Regen stehen"“, so Vilsmeier weiter.
Für Pflegende, Patientinnen und Patienten sei es eine Zumutung, eine nur auf das unbedingt Notwendige bezogene Pflege erfahren zu müssen.