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Personalmangel

Krankenhäuser setzen auf Prämien – Experten fordern strukturelle Reformen

Immer mehr Kliniken werben mit Übernahmeprämien um Pflegepersonal. Fachleute bezweifeln jedoch, dass finanzielle Anreize den Fachkräftemangel langfristig lösen können und fordern eine stärkere Akademisierung der Pflege.

Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels in der Pflege setzen immer mehr Einrichtungen auf finanzielle Anreize. So zahlt das Diakonieklinikum Neunkirchen beispielsweise neuen Pflegefachpersonen auf der Intensivstation eine einmalige Prämie von 3.000 Euro. Auch Mitarbeitende, die neue Kolleginnen oder Kollegen werben, erhalten eine Vergütung, wie ZDF heute online berichtet.

Nach Angaben der Regionalgeschäftsführerin Andrea Massone fehlen der Einrichtung derzeit rund 40 Pflegekräfte. Bundesweit ist die Lage noch angespannter. Laut einer Prognose des Statistischen Bundesamts könnten bis 2049 zwischen 280.000 und 690.000 Pflegende fehlen.

"Seit wir die Prämien anbieten, ist die Zahl der eingehenden Bewerbungen um 10 Prozent gestiegen", sagt Massone gegenüber ZDF heute.

"Klebeeffekt" durch gestaffelte Auszahlung

Ökonomen sehen in solchen Prämien vor allem ein Mittel zur kurzfristigen Personalbindung. Michael Neugart, Professor für Public Economics und Economic Policy an der TU Darmstadt, verdeutlicht: "Bei Übernahmeprämien geht es darum, zu verhindern, dass ausgebildete Arbeitskräfte zur Konkurrenz abwandern." Die Auszahlung erfolge meist zeitversetzt, was einen sogenannten "Klebeeffekt" begünstige. Wer bereits eingearbeitet sei, wechsle seltener den Arbeitgeber.

Neugart betont, dass solche Maßnahmen vor allem in Branchen mit hohem Fachkräftemangel üblich seien. In der Pflege sei das zunehmend der Fall.

Akademisierung als langfristige Lösung

Peter Koch vom Vorstand des Bundesverbands Pflegemanagement sieht die Prämien kritisch. "Das befeuert einen Wettbewerb um Pflegekräfte", sagt er. Die vorhandenen Arbeitskräfte würden lediglich zwischen Arbeitgebern verschoben, ohne das strukturelle Problem zu lösen.

Koch fordert stattdessen Investitionen in die Ausbildung und eine stärkere Akademisierung der Pflegeberufe. "Es ist wichtig, der Pflege die Kompetenzen zuzusprechen, die sie hat", so Koch. Zwischen dem, was Pflegefachpersonen leisten könnten, und dem, was sie rechtlich dürfen, bestehe eine große Lücke.

Auch Massone spricht sich für eine Aufwertung des Berufs aus. Es stecke viel Verantwortung in diesem Beruf. Künftigen Pflegefachpersonen müssten hervorragend ausgebildet sein. Sie seien oft die ersten, die Veränderungen des Zustands von Patientinnen oder Patienten bemerkten – noch bevor eine Ärztin oder ein Arzt hinzugezogen werde.

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