Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat noch bis Anfang März Zeit, zur Stern-Petition "Mensch vor Profit – Für eine Pflege in Würde" Stellung zu beziehen. Wie in der Vorwoche bekannt wurde, hatte die Petition im Bundestag bereits Ende Januar ein einstimmiges Berücksichtigungsvotum erzielt.
Mehr als 330.000 Deutsche unterstützen Petition
Die 2021 gestartete Petition unterzeichneten mehr als 330.000 Deutsche. Bis dato war das nach Stern-Angaben das erfolgreichste Internet-Gesuch, das direkt an den Petitionsausschuss gerichtet wurde. Im Zentrum der Petition stehen bessere Bedingungen für eine professionelle Pflege.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der die Petition seinerzeit unterstützt hat, fordert nun von der Regierung, "die berechtigten Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen".
DBfK: Bundesregierung fehlen Mut und Tempo für Reformen
DBfK-Präsidentin Christel Bienstein sagte am Dienstag:
"Statt Mut und Tempo für grundlegende Reformen haben wir in den vergangenen Jahren Trippelschritte gesehen."
Die Konzertierte Aktion Pflege habe nicht zu einem konzertierten "Rumms" für die Pflege geführt und mit der PPR 2.0 sei nun zwar ein erster Schritt erfolgt, der zu besseren Personalschlüsseln führe, allerdings seien viele weitere Maßnahmen und Reformen noch offen.
Von fairen Gehältern in der Pflege "weit entfernt"
Im Bereich der Entlohnung sei man trotz kleiner Verbesserungen durch das Tariftreuegesetz für die Langzeitpflege von fairen Gehältern "weit entfernt", urteilte Bienstein und konkretisierte:
"Wir haben noch immer einen deutlichen Gehaltsunterschied zwischen Pflegefachpersonen in der Langzeit- und der Akutpflege, der sachlich nicht begründbar ist. Wenn die Qualifikation, die Verantwortung und die Belastung sich gleichen, sollte auch das gleiche Gehalt gezahlt werden. Das gilt innerhalb der Pflegeberufe und darüber hinaus. Pflegefachpersonen und Ingenieur:innen sind Studien zufolge auf dem gleichen Niveau anzusiedeln, die Gehaltsunterschiede sind aber immens."
Für den DBfK zählt aber auch die Anerkennung pflegefachlicher Expertise zur Aufwertung des Pflegeberufs und damit einhergehend Mitbestimmung sowie Handlungsspielräume für Pflegefachpersonen. Der Berufsverband fordert daher Eigenständigkeit in der Bewertung der Pflegebedürftigkeit, Heilkundeübertragung und Mitbestimmung in relevanten Gremien. Zudem seien Pflegestudiengänge auszubauen und zu fördern.
Das deutsche Gesundheitssystem sei weltweit eines der teuersten, erreiche aber nur durchschnittliche Ergebnisse. Um wirksamer für Gesundheit in der Bevölkerung sorgen zu können, seien hochqualifiziertes Personal und eine bessere Datenlage vonnöten.
Pflegeberuf aufwerten
Die Stern-Petition beinhaltet drei Forderungen:
- Mehr Zeit für Patient:innen: verlässliche Arbeitszeiten, Entlastung von Bürokratie, Personalschlüssel nach echtem Bedarf, sofortiges Handeln bei Unterbesetzung
- Aufwertung des Berufsbilds: höhere Gehälter, Zulagen und Entlohnung von Weiterqualifizierung, mehr Entscheidungsmöglichkeiten an Patient:innen, bessere Karrierechancen
- Konsequente Abkehr von Profitdenken und ökonomischen Fehlanreizen durch eine Gesundheitsreform
Der Bundestag vergibt für Petitionen fünf mögliche Voten. Das höchste davon ist das "Berücksichtigungsvotum", das die Stern-Pflegepetition erhielt. Nur dieses Votum setzt die Bundesregierung unmittelbar unter Handlungsdruck, "weil das Anliegen des Petenten begründet und Abhilfe notwendig ist", heißt es in den Verfahrensgrundsätzen.