Aufgrund der zu befürchtenden steigenden Zahl an Krankheits- und Quarantänefällen wegen Omikron hat die niedersächsische Landesregierung beschlossen, Arbeitsschutzbestimmungen teilweise zu lockern. So gilt seit Mittwoch bis 10. April eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden statt der bislang geltenden 48 Stunden. Diese Ausnahmeerlaubnis gilt für die Arbeit in Pflegeheimen, aber u. a. auch in Not- und Rettungsdiensten, Testzentren sowie Energie- und Wasserversorgungsbetrieben.
Verdi kritisiert zusätzliche Belastung des Pflegepersonals
Niedersachsens Sozialministerin Daniela Behrens beteuerte, sie wisse, "um die besondere körperliche und auch psychische Belastung für viele Beschäftigte nach fast zwei Jahren Pandemie". Sie hoffe, dass die "Flexibilisierungsmöglichkeiten der Allgemeinverfügung" nur in möglichst wenigen Fällen in Anspruch genommen werden müsse. Auf schwierige Situationen wolle sie aber "so gut wie möglich vorbereitet sein".
Die Gewerkschaft Verdi hat die Allgemeinverfügung zum Arbeitszeitgesetz scharf kritisiert. Gerade in der aktuellen Situation bedürfe es einer Entlastung des Pflegepersonals und keiner zusätzlichen Belastungen, sagte Verdi-Fachbereichsleiter für Gesundheit und soziale Dienste, David Matrai, am Mittwoch.
"Die Ausweitung der Höchstarbeitszeiten und damit die Aushöhlung des Arbeitsschutzes ist das völlig falsche Signal an die Pflege."
Seit Jahren spitze sich der Fachpersonalmangel in Krankenhäusern und der Altenpflege zu, so der Gewerkschafter weiter. Dringend notwendig seien deshalb
- die Einführung bedarfsgerechter Personalvorgaben,
- bessere Arbeitsbedingungen und
- höhere Löhne.
DBfK: Permanente Untergrabung von Arbeitsschutzmaßnahmen führt in einen Teufelskreis
Politik und Arbeitgeber hätten bislang viel zu wenig in dieser Richtung unternommen.
"Nun stattdessen erneut die Pflegekräfte zu belasten, ist falsch und kurzsichtig."
Matrai betonte außerdem:
"Tarifverträge von Verdi und ihre Arbeitszeitregelungen gelten weiter und können auch durch die Verordnung nicht ausgehebelt werden."
Für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest mündet die "permanente Untergrabung von Arbeitsschutzmaßnahmen" in einem "Teufelskreis". Nötig seien eine gesetzliche Personalbemessung, die sich am tatsächlichen Bedarf orientiere, und das "zwingende Vorhalten" des hieraus ermittelten Pflegepersonals.