Der baden-württembergische Landtag hat am Mittwoch den Weg für eine Landespflegekammer freigemacht und das entsprechende Gesetz beschlossen. Die Erarbeitung einer Weiterbildungsordnung und die Formulierung einer Berufsordnung zählen zu den wichtigen Aufgaben, die der künftigen Pflegekammer obliegen.
Pflegerische Selbstverwaltung stärken
Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) sagte:
"In Zukunft wird nicht mehr über, sondern mit der Pflege geredet. (…) Pflegefachkräfte sollen endlich die Chance erhalten, ihren Beruf selbst mitzugestalten und sich auf Augenhöhe einzubringen. Die Einrichtung einer Landespflegekammer ist daher ein wichtiger Schritt zur Aufwertung des Pflegeberufs und ein Baustein zur Sicherung des Fachkräftebedarfs."
Der Landespflegerat Baden-Württemberg (LPR) äußerte sich am Mittwoch "hocherfreut" über den Beschluss. LPR-Vorsitzende Susanne Scheck sagte:
"Wir sind wirklich froh, dass unsere Bemühungen Früchte tragen. Die Verabschiedung des Gesetzes (…) belohnt den Kampf der Pflegenden der letzten Monate."
Gegenwind zur Kammergründung kommt weiterhin von der Gewerkschaft Verdi. Landesfachbereichsleiterin für Gesundheit und Soziales, Irene Gölz, sagte:
"Der falsche Weg zum Ziel, die Pflege attraktiver zu gestalten, ist jetzt Gesetz. Der Weg der Zwangsregistrierung mit Widerspruchsmöglichkeit ist das Gegenteil einer freien Entscheidung der Pflegefachpersonen für oder gegen die Errichtung einer Kammer. Die Chance auf eine echte demokratische Legitimation ist damit vertan."
Der Errichtungsausschuss der Pflegekammer hat 18 Monate Zeit, die gesetzlich festgeschriebene 60-prozentige Registrierung der Pflegefachpersonen im Land zu erreichen und die erste Vertreterversammlung vorzubereiten. Die Wahl zur ersten Kammerversammlung erfolgt voraussichtlich im Dezember 2024. Diese Versammlung legt dann auch den Mitgliedsbeitrag fest, der nach Angaben von Ministerium und LPR zwischen fünf und neun Euro liegen dürfte.
Bedeutung einer unabhängigen Interessenvertretung
Eine verpflichtende Mitgliedschaft sei für die demokratische und unabhängige Legitimation der Pflegekammer unabdingbar, beschrieb LPR-Vorsitzende Scheck. Erst die Pflichtmitgliedschaft und damit die Teilhabe aller Pflegenden könne eine unabhängige Interessenvertretung gewährleisten.
Der Gewerkschaft Verdi warf der LPR "manipulatives Vorgehen" vor.
"Statt mit uns zusammen für bessere Arbeitsbedingungen, Qualität und faire Löhne in der Pflege zu kämpfen, zeigt die Gewerkschaft, die im Übrigen knapp gerade zehn Prozent der Pflegekräfte vertritt, ihr wahres Gesicht und wettert gegen die Selbstverwaltung der Profession, die sie eigentlich vertreten soll."
Nicht nachzuvollziehen sei, warum Verdi die Etablierung einer Pflegekammer fürchte und jegliche Selbstständigkeit der Profession Pflege "im Keim ersticken" wolle.
Dreiklang von Pflegekammer, Gewerkschaften und Berufsverbänden
Nur in einem Dreiklang von Pflegekammer, Gewerkschaften und Berufsverbänden werde es gelingen, die Pflege zu stärken und eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung der Bevölkerung in Baden-Württemberg sicherzustellen, ergänzte der Vorsitzende des Pflegebündnis Mittelbaden – Mitglied des LPR –, Peter Koch.
"Es ist an der Zeit, dass die Pflege ihre Belange selbst in die Hand nimmt und sich als gleichberechtigter Partner im Gesundheitswesen etabliert. Hierfür kann die Pflegekammer ein erster Schritt sein."
Diese Chance gelte es, gemeinsam zu nutzen.