Nach einem beispiellosen Streik des Pflegepersonals und weiterer Angestellter aus dem Gesundheitssystem in Großbritannien hat die Regierung jetzt eingelenkt. Sie sichert eine Einmalzahlung von mindestens 1.655 Pfund (1.873 Euro) für das laufende Tarifjahr zu sowie ein Plus von mindestens fünf Prozent von April an.
Pflegepersonal stimmt bis 14. April über Tarifangebot ab
Die britische Pflegegewerkschaft Royal College of Nursing (RCN) hat ihren Mitgliedern geraten, den Vorschlag anzunehmen. Bis 14. April können sie für oder gegen den Deal abstimmen. Geplante Streiks in dieser Zeit entfallen.
Die Regierung habe zudem in Aussicht gestellt, speziell Arbeitsbedingungen und Löhne des Pflegepersonals über eine neue Gehaltsstruktur verbessern zu wollen. Nach RCN-Angaben ist das für das Gehaltsjahr 2024/25 vorgesehen.
Neue Gehaltsstruktur für Pflegende
Die konservative Regierung in Großbritannien hatte es lange abgelehnt, über mehr Geld für das Personal in Gesundheitseinrichtungen zu verhandeln und geltend gemacht, dass damit die hohe Inflation nur noch weiter angeheizt werde. In der vergangenen Woche sprach sie nun von einer fairen Lösung.
Pflegefachperson Sabine Torgler reicht der Vorstoß aber noch nicht. Gegenüber BibliomedPflege betont die 49-Jährige Deutsche, die als Registered Nurse am Universitätsklinikum Bristol tätig ist:
"Das jetzige Resultat kann nicht das Ende sein."
Das Tarifergebnis sieht sie angesichts der steigenden Inflation eher kritisch. Das Gehalt sei jetzt in regelmäßigen Abständen neu zu verhandeln, damit Pflegefachpersonen sowie weitere Kolleginnen und Kollegen aus den Gesundheitsfachberufen wirklich das verdienten, was ihnen auch zustehe. Pflegende arbeiteten "absolut autonom" in England, dass müsse sich auch monetär widerspiegeln.
Britische Regierung enorm unter Druck
Aber wie in Deutschland auch, geht es den Pflegenden nicht nur um mehr Geld, sondern auch um bessere und stabilere Rahmenbedingungen. Seit der Corona-Pandemie sei klar, dass am Gesundheitssystem nicht gespart werden dürfe.
Die seit Dezember 2022 erfolgten Streiks hätten den Druck auf die Regierung so erhöht, dass sie handeln musste, so Torgler. Bis mindestens Mai dieses Jahres wären die Proteste ansonsten weitergegangen.
"Das ist natürlich eine enorme Herausforderung für ein Gesundheitssystem, zu wissen, dass die größte Berufsgruppe jeden Monat aufs Neue den Betrieb in Krankenhäusern 'lahmlegt'."
Zusätzlich zum Pflegepersonal haben sich im Januar und Februar auch Sanitätspersonal sowie Assistenzärztinnen und -ärzte den Streiks angeschlossen. Das Hebammenwesen sei die nächste Berufsgruppe, die über Streiks diskutiere.
"Eins ist sicher: Ruhig wird es jetzt nicht werden im britischen Gesundheitssystem. Wir werden genau hinsehen, ob die Regierung ihre Versprechen hält. Tut sie das nicht, streiken wir erneut – und die britische Gesellschaft steht hinter uns. Das sollte die Regierung nicht außer Acht lassen."