PPR 2.0 zeitnah als Interimsinstrument zur Pflegepersonalbedarfsbemessung einführen und ein neues Personalbemessungsverfahren per gesetzlichem Auftrag auf den Weg bringen – das sind die dringlichen Forderungen von Deutschem Pflegerat (DPR), Deutschem Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) und Verdi angesichts der sich zuspitzenden Corona-Situation hierzulande.
Anlass ist die Bundestagsanhörung zum "Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung", die am Montagvormittag stattfand.
Jetzt die Weichen stellen für die Zeit nach der Pandemie
Nach einem Jahr Pandemie seien die beruflich Pflegenden mehr als erschöpft. Die Politik müsse jetzt nicht nur mit einem harten Lockdown nach klaren Regeln reagieren, sondern auch für die Zeit nach der Pandemie vorsorgen.
DPR-Präsident Franz Wagner sagte:
"Mit großer Sorge beobachten wir die Auswirkungen auf die Gesundheit der Pflegenden. Die Berichte, wonach viele daran denken, den Beruf nach der Pandemie zu verlassen, mehren sich. Hier gilt es gegenzusteuern. Deshalb muss jetzt in allen Sektoren in Personalbemessungsverfahren investiert werden, die nachhaltig wirken und mit deren Hilfe die chronische Unterbesetzung beendet wird."
Nur wenn es eine glaubhafte Perspektive auf verbesserte Arbeitsbedingungen gebe, könnten Pflegende im Beruf gehalten und Menschen für den Beruf (zurück-)gewonnen werden.
Die Instrumente des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) für Krankenhäuser seien unzureichend. Deshalb sei es wichtig, der gemeinsamen Forderung von DPR, DKG und Verdi nach einer Umsetzung der PPR 2.0 jetzt nachzukommen. Zusätzlich sei der gesetzliche Auftrag für ein neues Personalbemessungsverfahren auf den Weg zu bringen. Für beides lägen Spahn umsetzbare Vorschläge auf dem Tisch, so Wagner.
Entschlossener Kraftakt nötig
Auch DBfK-Präsidentin Christel Bienstein mahnte:
"Die dritte Pandemiewelle droht zu entgleisen (…) Die politisch Verantwortlichen unterschätzen vollständig, wie erschöpft insbesondere die Pflegenden sind."
Statt eine zweite Corona-Prämie auszuschütten – die laut DBfK lediglich nur "etwas weniger ungerecht verteilt sei als die erste" – solle sich Spahn lieber um Perspektiven bei der Personalausstattung kümmern.
"Er verweigert sich der PPR 2.0."
Der Minister ziehe sich darauf zurück, dass seine Regelungen – Personaluntergrenzen und v. a. Refinanzierung jeder neuen Stelle – bessere Regelungen seien als eine PPR 2.0. Angesichts des leeren Stellenmarkts und der bevorstehenden Sparwelle nach der Bundestagswahl seien dies leere Versprechungen, so Bienstein und appellierte:
"Die Pflegenden in allen Sektoren haben eine nachhaltige Perspektive verdient. Sie muss jetzt kommen!"
Spahns letzte Chance vor der Bundestagswahl
Auch Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler betonte:
"Pflegepersonen brauchen jetzt das klare Signal der politisch Verantwortlichen, dass sich ihre Arbeitssituation absehbar verbessert."
Es sei Spahns letzte Chance vor Ende der Legislaturperiode im Herbst, um nicht als „Meister der leeren Versprechungen“ zu gelten. Die Geduld der Klinikbeschäftigten sei aufgebraucht.
Um ihre Forderungen nach mehr Personal und Entlastung zu unterstreichen, haben am Montag bundesweit Klinikbeschäftige an einer Verdi-Fotoaktion teilgenommen.