In den Diskussionen über ein Für und Wider von Leiharbeit in der Pflege hat jetzt die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) einen Musterrahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung vorgelegt. Die BKG empfiehlt ihren Mitgliedern "dringend", diesen Rahmenvertrag zu nutzen und sich mit dem Mustertext auf einen "Equal-Pay-Grundsatz" zu einigen. Dabei solle sich der Verleiher nach den Grundsätzen und Tarifbestimmungen des Entleihers richten, teilte die BKG am Montag mit. Zudem würden Stundenverrechnungssätze und Zulagen für Leasingfirmen auf das 1,5-fache des Stundenlohns gedeckelt. Der Verleiher habe sicherzustellen, dass während der gesamten Entleihzeit keine Abwerbeunternehmungen gegenüber Personal des Entleihers erfolgten. Auch Vertragsstrafen in beide Richtungen könnten ausgesprochen werden. BKG spricht von einem "Fairness-Vertrag" in beide Richtungen. Eine klare, spürbar normative Eindämmung von Zeitarbeit in der Pflege sei aber unabhängig davon ein Muss.
BKG: Eindämmung von Zeitarbeit in der Pflege ein Muss
BKG-Geschäftsführer Marc Schreiner sagte:
"Für die Pflegearbeit benötigen die Einrichtung verlässliche, gut eingearbeitete und aufeinander abgestimmte Teams. Häufiger personeller Wechsel und mangelnde Kenntnis der Abläufe vor Ort und der Patienten/-innen können dazu führen, dass Qualitätsstandards nicht eingehalten werden können und so die Patientensicherheit beeinträchtigt wird. Daher ist es richtig, in der Pflege auf Leiharbeit zu verzichten."
Mit dem Musterrahmenvertrag verfolge die BKG folgende Ziele:
- Verbindlichkeit der Einsätze (Vertragsstrafe)
- Gewährleistung von Qualität, Qualifizierung und Zusicherung von Weiterbildungsmaßnahmen durch die Zeitarbeitsfirmen.
Der Mustertext beschreibe zudem konkrete Regelungen, die infolge der starken Zunahme des Einsatzes von Zeitarbeitspersonal in der Pflege von besonderer Relevanz seien, zum Beispiel Regelungen zu Pflichtfortbildungen und Nachweispflichten.
Aus dem Gleichgewicht geratener Arbeitsmarkt
Gesundheitseinrichtungen unternähmen bereits "enorme Anstrengungen, um gute Vergütungs- und Arbeitsbedingungen für Angehörige der Pflegeberufe zu bieten". Die Empfehlung zum Mustervertrag sei ein Baustein, um diesen "aus dem Gleichgewicht geratenen Arbeitsmarkt" wieder zu stabilisieren und eine weitere Abwanderung des Stammpersonals aufzuhalten.
Während aus dem Freistaat Bayern eine Bundesratsinitiative zur Begrenzung der Zeitarbeit erwartet wird, hat jüngst der Bundesgesundheitsminister einen Gesetzesentwurf zur Eindämmung der Zeitarbeit in der Altenpflege vorgelegt.
Zeitarbeit in der Pflege um mindestens 30 Prozent gestiegen
Nach BKG-Angaben ist Berlin deutlich stärker von Leiharbeit betroffen als der Bundesdurchschnitt. So betrage der Anteil aktuell 9,4 Prozent im Krankenhaus und 7,6 Prozent in der Langzeitpflege (bundesweiter Durchschnitt 3,2 Prozent; Statistisches Bundesamt, 31.12.2021). Jede Zeitarbeitskraft verursache dabei das Zwei- bis Zweieinhalbfache der Kosten einer festangestellten Pflegeperson.
In den vergangenen zehn Jahren sei der Anteil an Zeitarbeit in der Pflege um 30 Prozent gestiegen, in kritischen Pflegebereichen sogar um 50 Prozent – Trend weiterhin steigend.