Was sind Gründe für die Entstehung eines Druckgeschwürs? Welche Merkmale weisen die einzelnen Kategorien auf, in die ein Dekubitus geclustert werden kann? Warum ist die Pflegedokumentation für die Dekubitusprohylaxe so entscheidend? Antworten auf diese Fragen und mehr Wissenswertes rund um das Thema Dekubitus finden Sie in diesem Beitrag.
Ein Dekubitus gehört zu den gravierenden Gesundheitsproblemen pflegebedürftiger Patientinnen und Patienten. Deren Krankenhausaufenthalt kann sich infolge des Wundliegens bis um das 2,8-Fache verlängern – was nicht nur für Betroffene belastend ist, sondern auch mit erhöhten Kosten einhergeht.
Definition von Dekubitus
In der aktuellen gemeinsamen Leitlinie des National Pressure Ulcer Advisory Panel (NPUAP), des European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP) und der Pan Pacific Pressure Injury Alliance (PPPIA) von 2014 wird ein Dekubitus definiert als "eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunter liegenden Gewebes, typischerweise über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften".
Besonders sensible Körperareale für die Entstehung eines Dekubitus sind somit Sakrum, Ferse, Ellbogen und speziell bei Säuglingen der Hinterkopf.
Folgen von Dekubitalulcera
Die möglichen Folgen des Drucks auf die Haut sind gravierend. Zunächst werden die betroffene Hautstelle und das darunter liegende Gewebe schlechter durchblutet. Auf Dauer können die Zellen jedoch komplett absterben, schmerzhafte offene Wunden entstehen, die bis hin zu einer Blutvergiftung führen können.
4 Kategorien eines Dekubitus
Kategorie I: Nicht wegdrückbare Rötung bei intakter Haus
Kategorie II: Druckgeschwür bei Teilverlust der Haut mit geschädigter Epidermis und/oder Dermis
Kategorie III: Vollständiger Hautverlust und Schädigung oder Nekrose des subkutanen Gewebes
Kategorie IV: Vollständiger Gewebeverlust mit freiliegenden Knochen, Sehnen oder Muskeln
Keiner Kategorie zuordenbar: Tiefe unbekannt
Grundsätzlich erfolgt die Dekubitusprophylaxe bei Kindern genauso wie bei Erwachsenen.
Mangelhafte Prophylaxe oft Grund für Dekubitus
In der Praxis sind entstandene Dekubitus oft auf zu späte Implementierung oder mangelhafte Umsetzung von Prophylaxemaßnahmen zurückzuführen. "Dabei handelt es sich niemals um den Fehler einer bestimmten Person oder weil beispielsweise ein spezielles Hilfsmittel fehlte. Ob ein Dekubitus entsteht oder vermieden werden konnte ist das Resultat eines komplexen Wechselspiels zahlreicher Strukturen und Prozesse innerhalb einer Organisation", schreiben die Autoren des 2017 bereits zum zweiten Mal aktualisierten Expertenstandards "Dekubitusprophylaxe in der Pflege".
Dekubitusprophylaxe ist Leitungsaufgabe
Dekubitusprävention ist somit immer auch Leitungsaufgabe, so die Autoren weiter. Das Neuauftreten eines Dekubitus sagt etwas über die Versorgungsqualität einer Einrichtung oder eines Dienstes aus.
Juristisch oft ein Streitthema
Im Fall eines Dekubitus, besteht oft der Verdacht einer nicht fachgerecht ausgeführten Prophylaxe. Dekubitus sind immerhin nach Sturzereignissen die zweithäufigsten unerwünschten Zwischenfälle in der Pflege, die gerichtlich entschieden werden. In solchen juristischen Auseinandersetzungen spielt die Pflegedokumentation eine große Rolle. Sie sollte den Prophylaxebedarf und die erforderlichen Prophylaxemaßnahmen festhalten. Dabei gilt der Grundsatz: Je gefährdeter ein Patient ist, desto mehr ist zu dokumentieren.
4 Grundsätze der Dekubitusprophylaxe
Das Auftreten eines Dekubitus kann aber – abgesehen von einigen Ausnahmen wie einer pflegerisch oder medizinisch notwendigen Prioritätensetzung – weitgehend verhindert werden.
Für eine erfolgreiche Dekubitusprophylaxe ist es wichtig, dass Pflegefachpersonen vor allem 4 wesentliche Punkte berücksichtigen:
- die systematische Risikoeinschätzung
- Information, Schulung und Beratung von Patientinnen und Patienten sowie gegebenenfalls von Angehörigen
- Bewegungsförderung, Druckentlastung und -verteilung sowie
- Gewährleistung von Kontinuität und Evaluation prophylaktischer Maßnahmen
Auf einen Blick feststellen, wer dekubitusgefährdet ist
Eine hilfreiche Methode, das individuelle Dekubitusrisiko einer Patientin oder eines Patienten zu ermitteln, haben Mitarbeitende des Roten Kreuz Krankenhauses Bremen entwickelt: die "Visuelle Dekubitusinzidenz". Bei jeder Patientenaufnahme wird mithilfe der Braden-Skala das Risiko von Dekubitalulcera eingeschätzt. Je nach Einschätzung wird auf einem am Handgelenk zu tragenden Patientenidentifikationsarmband ein farbiger Klebepunkt angebracht (grün = keine Gefährdung, gelb = Risiko vorhanden, rot = Dekubitus vorhanden).
[1] Büscher A, Blumenberg P. Aktualisierter Expertenstandard: Dekubitusprohylaxe: Was hat sich geändert? Die Schwester | Der Pfleger 9/2017; 56: 36-39
[2] Böhme H. Pflegerecht: Wer haftet für einen Dekubitus? Die Schwester | Der Pfleger 1/2018; 57: 82-84
[3] Gröne L, Schlamm A-M. Methode „Visuelle Dekubitusinzidenz“: Auf einen Blick feststellen, wer dekubitusgefährdet ist. Die Schwester | Der Pfleger 10/2018; 57: 24-27
[4] Kottner J. Expertenstandard „Dekubitusprophylaxe in der Pflege“: Wirksame Prävention ist immer möglich. Die Schwester | Der Pfleger 7/2019; 58: 5-6
[5] Hoehl M, Kullick P (Hrg.). Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2019
[6] Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (Hrsg.). Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege. 2. Aktualisierung. Osnabrück: DNQP; 2017