In der Debatte um den Corona-Bonus für Pflegepersonal und die Umsetzung der Tariftreueregelung in der Pflege sieht die Profession noch deutlichen Nachbesserungsbedarf. Das Pflegebonusgesetz sei "sehr ungerecht", sagte das Präsidiumsmitglied des Deutschen Pflegerats (DPR), Ulrike Döring, am Mittwoch während einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags. Die festgelegte eine Mrd. Euro als Gesamthöhe der zur Verfügung gestellten Mittel für den Bonus sei angesichts der enormen Belastungen der Profession Pflege während der Pandemie sowie der Zahl der in der Pflege- und Gesundheitsbranche arbeitenden Pflegenden "viel zu gering".
DPR: Bonushöhe sollte innerhalb von Pflegeteams gleich sein
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Pflegenden von einer Bonuszahlung ausgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus, in dem sie arbeiten, im Lauf des Jahres 2021 nicht mehr als 10 Corona-Patientinnen und -Patienten für mehr als 48 Stunden beatmet hat.
Von pandemiebedingten zusätzlichen Belastungen seien allerdings Pflegende aller Krankenhäuser betroffen – auf bettenführenden Intensiv- und Normalstationen, in Notaufnahmen sowie OP-Bereichen. Sie alle hätten einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung des pflegebezogenen Alltags unter Corona-Bedingungen geleistet und müssten einen Bonus erhalten.
"Völlig klar" sei, dass die angesetzte Gesamthöhe der Bonuszahlungen dafür nicht reicht, betonte Döring. Sie kritisierte ferner:
"Es kann nicht sein, dass Pflegende in der Intensivpflege mit einer Fachweiterbildung mehr bekommen als die anderen. Fachweiterbildungen konnten teilweise nicht weitergeführt werden oder nicht begonnen werden aufgrund der hohen Belastungen. In den Teams, insbesondere auf den Intensivstationen, muss die Bonushöhe gleich sein."
DPR-Präsidentin Christine Vogler ergänzte abseits der Anhörung, eine "solche Abgrenzung und Diskriminierung" sei "völlig unverständlich und durch nichts gerechtfertigt". Das werde zu einem "enormen Unmut" vieler professionell Pflegender führen.
Regelungen zur Tariftreue in Pflegeeinrichtungen nachschärfen
Für die Krankenkassen ist der Entwurf für das Pflegebonusgesetz "gangbar". Im Unterschied zu den vorherigen Bonuszahlungen sei konkretisiert worden, wer Geld bekommen solle, sagte der Abteilungsleiter Krankenhäuser des GKV-Spitzenverbands, Wulf-Dietrich Leber. Das sei sinnvoll. Er wies darauf hin, dass es "sicher hundertmal mehr Menschen" gibt, die eine Prämie verdient hätten. Bei den verfügbaren Mitteln rede man dann aber über Prämien von 20 Euro. Eine Mrd. sei eine Mrd.
Im Rahmen des Pflegebonusgesetzes will der Gesetzgeber auch die Regelungen zur Tariftreue in Pflegeeinrichtungen nachschärfen – ein Thema, das ebenfalls Teil der Anhörung am Mittwoch war. Ab 1. September sollen nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden – also mit der Pflegeversicherung abrechnen können – die ihr Pflege- und Betreuungspersonal nach Tarif bezahlen.
Für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) ist die Regelung derzeit noch "unzureichend gestaltet". Pflegeanbieter, die noch nicht nach Tarif zahlten, könnten sich an Tarifverträgen anderer Einrichtungen oder am regional üblichen Entgeltniveau orientieren. Allerdings seien einerseits nicht alle Tarifverträge öffentlich zugänglich und andererseits die öffentlich zugänglichen Zahlen nicht valide und vergleichbar, so die Kritik des DBfK. Einrichtungsträgerinnen und -träger wüssten aktuell nicht, wie sie ihre Mitarbeitenden ab September langfristig bezahlen sollten.
DBfK: Umsetzung auf 2023 verschieben
DBfK-Bundesvorstandsmitglied Thomas Nogueira schlug deshalb vor, die Umsetzung der Tariftreueregelung in der Pflege auf Anfang 2023 zu verschieben.
Nötig sei außerdem ein Einstiegsgehalt für Pflegefachpersonen von 4.000 Euro.
"Das ist das, was langfristig hilft."
Der Pflegebonus sei lediglich ein kurzfristiges Mittel. Auf lange Sicht sei ein sektionsübergreifendes einheitliches Tarifwerk sinnvoll, damit eine sach- und fachgerechte Entlohnung überhaupt erfolgen könne.