Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) hat die "viel zu langsame Entwicklung" der hochschulischen Qualifikationen in den Pflegeberufen hierzulande bemängelt. Diese Trägheit gefährde die Gesundheit von Menschen, kritisierte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein am Mittwoch.
488 Studierende in primärqualifizierenden Hochschulen immatrikuliert
Der DBfK bezieht sich damit auf die aktuellen Ergebnisse der "HQGplus-Studie zu Hochschulischen Qualifikationen für das Gesundheitssystem" und der ersten Sondererhebung des Pflegepanels des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).
Letzteres hat 56 Hochschulen nach den aktuellen Studienzahlen befragt, darunter 27 primärqualifizierende Hochschulen. Zum Wintersemester 2021/2022 wurden demnach insgesamt 2.035 Studienplätze in der Pflege angeboten, darunter 1.109 in primärqualifizierenden Pflegestudiengängen. Im aktuellen Semester hätten sich 488 Studierende in primärqualifizierenden Hochschulen immatrikuliert.
Verschwindend geringe Akademisierungsquote
Die aktuelle Akademisierungsquote – für 2021, basierend auf den Daten der Querschnittsstudie – liegt laut BIBB-Angaben bei 1,74 % oder sogar nur bei 0,82 % mit ausschließlichem Blick auf die primärqualifizierenden Studierenden.
Damit ist die Pflege in Deutschland noch weit entfernt von der bereits 2012 vom Wissenschaftsrat empfohlenen Akademisierungsquote von 10 – 20 %.
Auch die HQGplus-Studie zeigt die Lücke bis zu einer angemessenen Quote akademisch qualifizierter Pflegefachpersonen: 2019 studierten lediglich 3,2 % mit dem Ziel, nach ihrer hochschulischen Ausbildung patientennah zu arbeiten.
Die DBfK-Präsidentin forderte deshalb:
"Die Weichen für mehr hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen in der Gesundheitsversorgung müssen politisch gestellt werden."
Solange Pflegestudiengänge nicht ausreichend finanziert sowie Praxiseinsätze nicht vergütet würden und es für Arbeitgebende keine Anreize gebe, entsprechende Stellenprofile und Vergütungsstrukturen zu entwickeln, bleibe Deutschland ein Entwicklungsland in der Gesundheitsversorgung.
"Die Versorgungsbedarfe ändern sich und wir müssen uns sowohl qualitativ als auch quantitativ besser aufstellen. Schon vor zehn Jahren hat der Wissenschaftsrat dies eindrücklich gezeigt. Doch wie wir sehen, geht die Entwicklung viel zu langsam voran."
Veränderte Gewichtung des Pflegepersonaleinsatzes
Auch der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) hat mehr Tempo gefordert, um die erforderlichen Veränderungsprozesse in der Pflege anzustoßen.
Der Personaleinsatz in der Pflege sei anhand der Kompetenzen neu zu strukturieren, forderte der DEVAP in einem am Mittwoch veröffentlichten Impulspapier zur Aufgabenverteilung und Qualifikation in der Pflege.
Die Einführung der generalistischen Pflegeausbildung, die neuen Vorbehaltsaufgaben, die Akademisierung in der Pflege sowie die Einführung der Personalbemessung für die Langzeitpflege seien Umbrüche, "die eine veränderte Gewichtung im Personaleinsatz zwischen Pflegefach-, Pflegeassistenz- sowie Pflegehilfspersonen" erforderten und damit eine Neuordnung des professionellen Miteinanders.
Im April hatte sich das "Netzwerk Gemeinsam Pflege" in einem Positionspapier u. a. für eine finanzielle Vergütung primärqualifizierend Studierender stark gemacht.