Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Pflegereform für höhere Löhne in der Altenpflege auf den Weg gebracht. Als nächstes steht die parlamentarische Beratung an. Noch vor dem Sommer soll der Bundestag die Pflegereform verabschieden.
Die Änderungen des #GVWG setzen die Konzertierte Aktion #Pflege weiter um – damit #Pflegefachkräfte besser bezahlt und #Pflegebedürftige entlastet werden.
— BMG (@BMG_Bund) June 2, 2021
Die #Pflegereform kann noch vor der Sommerpause vom #Bundestag verabschiedet werden. pic.twitter.com/9dit169Ten
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, nannte die verabschiedete Pflegereform einen Schritt mit "Siebenmeilenstiefeln in die richtige Richtung".
Konkret beinhaltet die Reform v. a.:
- die Einführung bundeseinheitlicher Personalschlüssel in der stationären Pflege
- die verpflichtende Entlohnung von Pflegepersonal und Betreuungspersonal nach Tarif
- die verpflichtende Durchführung von Modellvorhaben zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegefachpersonen
"Kein Träger in der Langzeitpflege wird mehr Tariflöhne verweigern können."
Appell an Pflegende: Engagiert euch!
Allerdings verwies Westerfellhaus auch darauf, dass der Gesetzgeber nur den Rahmen vorgeben könne. Was faire Gehälter seien, legten die Sozialpartner vor Ort fest. Wie hoch ein Tariflohn ausfalle, hänge dabei vom Verhandlungsgeschick und auch von der Verhandlungsmacht der jeweiligen Gewerkschaft ab.
"Damit am Ende gute Löhne herauskommen, werden Gewerkschaften deshalb erheblich mehr Pflegekräfte unter ihren Mitgliedern brauchen. Ich rufe auch die Pflegekräfte dazu auf, für ihre Interessen einzustehen und sich stärker zu engagieren. Auch von Euch hängt ab, wie der gesetzliche Rahmen wirkt!"
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Mittwoch im WDR 5 Morgenecho:
"Das ist jetzt ein Pflegepaket, das, ja, nicht alle Probleme löst, aber doch zwei entscheidende Probleme angeht: eine regelhaft bessere Bezahlung in der Altenpflege für alle Pflegekräfte, die dort nicht nur in der Pandemie, sondern auch vorher schon jeden Tag Großartiges, Wichtiges leisten, und gleichzeitig keine Überforderung, Überlastung von Pflegebedürftigen vor allem bei längerer Pflegebedürftigkeit."
Kritik von Verdi an der Pflegereform
Die Gewerkschaft Verdi sieht noch "dringenden" Nachbesserungsbedarf an der Pflegereform.
Verdi-Bundesvorstand Sylvia Bühler bemängelte:
"Es gibt im Gesetzentwurf keinen Mechanismus, der Gefälligkeitstarifverträge zwischen Pseudogewerkschaften und Pflegeanbietern, die weiterhin keine fairen Löhne zahlen wollen, ausschließt. Auch mit solchen Tarifverträgen wäre dann die Voraussetzung für einen Versorgungsvertrag erfüllt."
Andere Arbeitgeber könnten angesichts dessen ebenfalls auf einen solchen Dumpingtarifvertrag für die Bezahlung abstellen, so Bühlers Befürchtung. Das alles sei mehr als "missbrauchsanfällig". Alternativ sollte ausschließlich auf "relevante" Flächentarifverträge Bezug genommen werden.
Ob eine examinierte Altenpflegerin künftig mehr verdiene als den Pflegemindestlohn, könne jedoch nicht beantwortet werden, sagte Bühler.
Arbeitgeber sprechen von "fatalem Irrtum" der Bundesregierung
Private Arbeitgeber bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Reformvorhaben. Der Präsident des bpa-Arbeitgeberverbands, Rainer Brüderle, bekräftigte am Mittwoch:
"Mit ihrer Tariftreueregelung in der Pflege riskiert sie (die Bundesregierung, Anm. d. Red.) Existenzen von Unternehmen, stagnierende oder sogar sinkende Löhne und den Verfassungsbruch. Jens Spahn und Hubertus Heil legen mit diesem Gesetz die Axt an die private Pflege in Deutschland."
Die Löhne für Pflegefachpersonen seien in den vergangenen 10 Jahren um rd. 40 % gestiegen. Das, so Brüderle, sei beinahe doppelt so stark, wie in allen anderen Branchen.
Brüderle kündigte an, den Rechtsweg einschlagen zu wollen, sollte der Gesetzgeber den "fatalen Irrtum" der Regierung nicht korrigieren. Denn die geplante Tariftreueregelung verletze mehrere Grundrechte und verstoße gegen Tarifautonomie und Tariffreiheit.