Zum Welt-Sepsis-Tag am 13. September 2025 rufen die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) zur stärkeren Sensibilisierung für die lebensbedrohliche Erkrankung auf.
"Jede Stunde entscheidet – Sepsis muss früh erkannt und schnell behandelt werden", betont BDA-Präsidentin Grietje Beck in einer gemeinsamen Mitteilung der beiden Fachgesellschaften. In Deutschland erkranken jährlich bis zu 300.000 Menschen an Sepsis, etwa 85.000 sterben daran – viele dieser Todesfälle gelten als vermeidbar.
Qualitätssicherung startet 2026
Ein zentrales Vorhaben von DGAI und BDA ist die Einführung eines bundesweiten Qualitätssicherungsverfahrens für Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Nach erfolgreicher Machbarkeitsstudie hat der Gemeinsame Bundesausschuss im Sommer 2025 ein verbindliches Indikatorenset beschlossen. Die Datenerhebung beginne am 1. Januar 2026 – zunächst in einer Testphase ohne Sanktionen oder Veröffentlichung individueller Ergebnisse.
"Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, die Zahl vermeidbarer Todesfälle zu senken und Patientinnen und Patienten eine sichere, moderne Behandlung zu ermöglichen", so Beck und DGAI-Präsident Gernot Marx.
Forschung setzt auf molekulare Diagnostik
Ein Beispiel für innovative Ansätze ist das Forschungsprojekt "DigiSep". Drei Jahre lang untersuchte ein Konsortium unter Leitung der GSAIC Trials Group der DGAI, wie sich Sepsis-Erreger mithilfe molekularer Verfahren schneller und präziser nachweisen lassen. "DigiSep steht beispielhaft für den dringend benötigten Innovationsschub in der Sepsis-Behandlung", sagt Projektleiter Thorsten Brenner.
Die Rolle des Pflegepersonals bei der Erkennung einer Sepsis
Pflegefachpersonen sind entscheidend für die frühzeitige Erkennung einer Sepsis – einer Erkrankung, die trotz medizinischer Fortschritte weiterhin zu den häufigsten vermeidbaren Todesursachen zählt. Da die Symptome einer beginnenden Sepsis oft unspezifisch sind und klassische klinische Parameter fehlen können, kommt es auf die Beobachtungsgabe und das klinische Gespür der Pflegenden an. Sie sind meist die ersten, die subtile Veränderungen im Zustand der Patientinnen und Patienten wahrnehmen – etwa eine plötzliche Verwirrtheit, extreme Müdigkeit oder Hautveränderungen – und diese als mögliche Frühzeichen einer Sepsis deuten können. Spezielle Instrumente wie der "Heidelberg Sepsis FAKTEN Pathway" unterstützen Pflegende dabei, solche Warnzeichen systematisch zu erfassen und zu bewerten. Ihre kontinuierliche Präsenz am Patientenbett, gepaart mit fachlicher Kompetenz und gezielter Schulung, macht sie zu unverzichtbaren Akteurinnen und Akteuren in der Sepsisprävention und -therapie.
Neue S3-Leitlinie zur Sepsis: Was Pflegende wissen müssen
Die im August 2025 aktualisierte S3-Leitlinie zur Sepsis betont die zentrale Rolle der Pflege bei der Früherkennung und Versorgung von Sepsisbetroffenen. Sie definiert Sepsis als akut lebensbedrohliche Organdysfunktion infolge einer inadäquaten Immunantwort auf eine Infektion – diagnostisch relevant ist ein SOFA-Score-Anstieg um ≥ 2 Punkte.
Für Pflegende besonders relevant: Die Leitlinie rät von der alleinigen Anwendung des qSOFA-Scores ab, da dessen Sensitivität und Spezifität nicht ausreichen. Stattdessen wird eine Kombination mehrerer Screeninginstrumente empfohlen – etwa qSOFA mit SIRS-Kriterien oder Biomarkern wie Laktat und Procalcitonin. Auch Scores wie MEWS und NEWS2 bieten höhere diagnostische Sicherheit, sind aber komplexer in der Anwendung.
Pflegefachpersonen sollten bei Verdacht auf Sepsis besonders aufmerksam sein: Eine frühzeitige Gabe von Antiinfektiva – idealerweise innerhalb einer Stunde bei septischem Schock – kann lebensrettend sein. Die Leitlinie empfiehlt zudem eine frühzeitige Bauchlagerung bei Sepsisbetroffenen, vorzugsweise für 16 Stunden.
Die Empfehlungen basieren auf der GRADE-Methodik und wurden von 15 Fachgesellschaften unter Federführung der Deutschen Sepsis-Gesellschaft erarbeitet.
--> Zu einem Erfahrungsbericht eines Sepsisbetroffenen: "Aufgeben wollte ich nicht!"