Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) sowie der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) haben am Montag fünf zentrale Forderungen an die Politik gestellt, um die Notfall- und Intensivmedizin krisenfest zu machen. Dazu haben beide Berufsverbände ein Konzeptpapier erstellt. Hintergrund sind die Erfahrungen aus der Pandemie und neue Bedrohungsszenarien – von Großschadenslagen bis hin zu Verteidigungsfällen.
Konzepte für den Ernstfall gefordert
"In den Kliniken arbeiten wir mit höchster Professionalität, aber die Kapazitäten sind im Alltag nahezu vollständig ausgeschöpft", betonte BDA-Präsidentin Grietje Beck. Somit würden im Ernstfall vielerorts personelle und strukturelle Reserven fehlen.
"Die Erfahrungen der Pandemie haben eindrücklich gezeigt, dass unsere bisherigen Strukturen für die neuen Szenarien bis hin zu Kriegsfällen nicht ausreichen", sagte der Präsident der DGAI, Gernot Marx. "Wir brauchen jetzt belastbare Konzepte, die im Ernstfall sofort greifen können – und die müssen finanziert werden."
Es müsse jetzt damit begonnen werden, sich auf den Ernstfall vorzubereiten, betonte Marx. Um auf den Krisenfall vorbereitet zu sein, werde dringend eine digitale Echtzeiterfassung aller Krankenhauskapazitäten benötigt, damit eine bundesweite Steuerung von Intensiv- und Normalstationen möglich wird.
Dazu gehöre die Erfassung freier Normal- und Intensivbetten, aber auch von Beatmungsplätzen, Isolationskapazitäten und der Personalsituation vor Ort. Den Verbänden zufolge sollten die Zahlen über eine zentrale Plattform erfasst werden. Mit der Echtzeiterfassung sollten die Entscheidungsfindung und Lageanalysen erleichtert und die Patientensteuerung effektiver werden.
Fünf zentrale Maßnahmen für mehr Resilienz
- Digitale Echtzeiterfassung aller Krankenhauskapazitäten: Freie Betten, Beatmungsplätze, Isolationsmöglichkeiten und die Personalsituation sollen künftig zentral über ein bundesweites Control-Center erfasst werden – für eine bessere Steuerung und schnellere Entscheidungen.
- Modernisierung des Kleeblattsystems: Das bereits in der Pandemie erprobte System zur überregionalen Patientenverlegung soll technisch und organisatorisch weiterentwickelt und gesetzlich verankert werden. Es wurde auch für die Versorgung ukrainischer Soldaten genutzt.
- Flächendeckende Telemedizininfrastruktur: Telemedizin soll helfen, Verlegungen zu vermeiden, Therapien zu optimieren und Pflegepersonal zu entlasten – insbesondere in strukturschwachen Regionen. So können personelle Engpässe überbrückt und Teams fachlich unterstützt werden.
- Verbindliche Reservekapazitäten und Notfallpläne: Dazu gehören regelmäßige Übungen, klare Einsatzpläne und gesicherte Vorräte an Medikamenten und Verbrauchsmaterialien. Auch intensivmedizinische Reservekapazitäten sollen verbindlich geplant werden.
- Einbindung in Gesetzgebungsprozesse: Die Anästhesiologie sieht sich als Schlüsselakteur in Krisenlagen und fordert Mitsprache bei neuen gesetzlichen Regelungen – insbesondere im geplanten Gesundheitssicherstellungsgesetz und in den Landeskrankenhausplanungen.