Pflegepersonal ist in der Verschreibung von Medikamenten für ältere Patienten genauso sicher und kompetent wie Ärzte. Das hat eine Studie an der Stanford Medicine ergeben. An der Analyse nahmen mehr als 73.000 Allgemeinmediziner und Pflegefachpersonen teil. Damit sei die Studie die größte ihrer Art, teilte das Wissenschaftsteam um David Studdert und Johnny Huynh mit.
Medikamente verschreiben können Pflegefachpersonen und Ärzte gleichermaßen gut
Die Forschenden analysierten die Verschreibungspraktiken von Pflegepersonal und Ärzteschaft in 29 US-Bundesstaaten, in denen Pflegefachpersonen während des Untersuchungszeitraums von 2013 bis 2019 verschreibungsberechtigt waren.
Beide Gruppen wiesen pro 100 ausgestellte Rezepte durchschnittlich etwa 1,7 unangemessene Verschreibungen auf. Auffällig dabei: Pflegepersonal war im Vergleich zu Ärzten jeweils überrepräsentiert sowohl bei den höchsten als auch niedrigsten Raten unangemessener Verschreibungen.
Fachorganisationen in den USA gegen Kompetenzerweiterung von Pflegefachpersonen
Aufgrund des steigenden Bedarfs in der Primärversorgung und des steigenden Drucks nach Kosteneinsparungen haben Pflegefachpersonen in den USA mehr Autonomie zugesprochen bekommen. In 32 Bundesstaaten und dem District of Columbia dürfen Pflegefachpersonen mit entsprechender Qualifikation und Erfahrung Medikamente ohne ärztliche Aufsicht verschreiben.
Allerdings hätten sich die American Medical Association und andere medizinische Fachorganisationen "vehement" gegen Gesetze ausgesprochen, die es nichtärztlichem Personal ermöglichen, Medikamente zu verschreiben, teilte das Wissenschaftsteam mit. Ihre Argumentation: Eine solche "Erweiterung des Aufgabenbereichs" beeinträchtige die Qualität der Versorgung.
Gründe für fehlerhafte Medikamentenverschreibungen aufspüren
Die Forschergruppe kam nun jedoch zu dem Schluss, dass es nicht darum geht, wer die Medikamente verschreibt, sondern vielmehr wichtig ist, die Gründe für fehlerhafte Verschreibungen zu adressieren – und zwar in beiden Gruppen.
Dafür eignen sich laut Studie verschiedene Interventionen. Großes Potenzial, die Verschreibung von Medikamenten zu verbessern, hätten beispielsweise Überwachungssysteme für verschreibungspflichtige Medikamente oder Initiativen zur besseren Einhaltung vertrauenswürdiger Leitlinien.
Institutionen oder US-Bundesstaaten, die aufgrund von Vorbehalten hinsichtlich der Versorgungsqualität auf die Übertragung von Verschreibungsbefugnissen an Pflegepersonal verzichteten, sollten ihre Entscheidung überdenken, so die Wissenschaftler.
Diskussion in Deutschland um mehr Kompetenzen für Pflegepersonal
Mehr Autonomie für beruflich Pflegende verspricht in Deutschland das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg gebrachte Pflegekompetenzgesetz. Die Pflegekammer in Nordrhein-Westfalen hält in diesem Zusammenhang die Formulierung der Vorbehaltsaufgaben sowie die Etablierung der Substitution mittels Verantwortungsübernahme für notwendig.