Vier von zehn Pflegekräften erscheinen trotz Krankheit häufig am Arbeitsplatz. Das ist das Ergebnis einer Studie der Krankenkasse Barmer und des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG), die der Tageszeitung Welt in Auszügen vorliegt. Dabei handele es sich um eine Befragung unter rund 1.000 Pflegekräften in der ambulanten und stationären Versorgung vom Juni 2023, heißt es in der Mittwochsausgabe der Zeitung.
Das sogenannte Präsentismus-Verhalten scheine in der Pflegebranche besonders ausgeprägt zu sein. Die Befragten hätten als überwiegende Gründe für dieses Verhalten eine fehlende Vertretung, die Vermeidung einer zusätzliche Last für Kollegen sowie ebenfalls trotz Krankheit arbeitende Führungskräfte genannt.
Vor allem Langzeitbeschäftigte von Präsentismus betroffen
Dies betreffe vor allem langjährig in einem Betrieb beschäftigte Personen. Knapp die Hälfte aller Pflegekräfte, die mehr als 16 Jahre in einem Betrieb beschäftigt waren, arbeiteten demnach häufig oder sehr häufig trotz Krankheit. Unter Pflegekräften mit nur zehn Jahren Unternehmenszugehörigkeit liege dieser Wert hingegen bei rund 31 Prozent.
Zu diesen Ergebnissen sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Christoph Straub:
"Trotz knapper Ressourcen sollten sich Fachkräfte niemals verpflichtet fühlen, krank bei der Arbeit zu erscheinen. Wir müssen deshalb deutlich mehr Entlastung in die Pflege bringen. So gilt es etwa Räume für den Austausch auf individueller und institutioneller Ebene zu schaffen, um eine gute Pflege zu gewährleisten, die Beschäftige nicht überfordert."
Arbeiten am Limit – hohes Burn-out-Risiko
Laut Studie sei die Gefahr eines sogenannten Burn-outs daher in der Pflegebranche sehr hoch. 62 Prozent der im Juni 2023 Befragten hätten demnach angegeben, regelmäßig körperlich erschöpft zu sein, 52 Prozent seien regelmäßig emotional erschöpft. Somit hätten Pflegekräfte ein höheres Risiko für einen Burn-out als Erwerbstätige in anderen Branchen, so Straub. Der Barmer-Chef weiter:
"Die Pflegestudie zeigt einmal mehr, dass viele Pflegende am Limit arbeiten."
Einen Schlüssel zur Entlastung der Pflegekräfte sei, so Straub, eine bedarfsgerechte Personalausstattung.
Viele Pflegekräfte denken über Jobaufgabe nach
Außerdem würden laut Studie viele Beschäftige erwägen, ihren Job aufgrund der hohen Arbeitsbelastung und ökonomischer Zwänge aufzugeben. Insbesondere unter den jüngeren Pflegekräften im Alter bis 29 Jahre überlegten gut ein Drittel der Befragten, den Beruf zu verlassen. Bei den 40- bis 49-Jährigen liege dieser Wert dagegen „nur“ bei rund 18 Prozent. Umgekehrt hätten aber 60 Prozent aller Befragten angegeben, mit ihren Berufsperspektiven zufrieden oder sehr zufrieden zu sein.