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Pflegepersonalbemessung

Metzinger: "Bis auch die letzte Pflegefachfrau von der GKV gezählt ist"

Dr. Bernd Metzinger ist Leiter des Dezernats Personalwesen der DKG.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die gesetzliche Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) dazu verpflichten, bis 2025 ein Pflegepersonalbemessungsinstrument zu erschaffen. Bernd Metzinger von der DKG erläutert, warum er das für nahezu unmöglich hält. 

 

Mit dem geplanten GVWG will der Gesetzgeber die DKG und den GKV-Spitzenverband beauftragen, ein Personalbemessungsinstrument für die Krankenhauspflege zu erstellen. Bis 2025 soll es einsatzbereit sein. Grundlage ist ein Konsenspapier, das eher den Dissens beider Seiten aufgelistet. Während die Kliniken einen (analytischen) Ansatz fordern, bei dem der Patient und sein Pflegebedarf im Zentrum stehen, möchte die Kassenlobby vor allem ein Instrument, das die Pflegeleistungen misst. Herr, Metzinger, was haben Sie gegen eine Messung der Pflegeleistung?

Die GKV will eine einheitliche Sprache für Pflegeleistungen erfinden. Das geht in Richtung OPS-Codierung. Wir wollen keine isolierte Fachsprache für die Pflege, sondern ein Instrument, das überfachlich funktioniert, in das sich zum Beispiel auch ärztliche Anweisungen einbinden lassen. Vor allem möchten wir messen, wie groß der Pflegebedarf der Patienten wirklich ist. Die GKV will mit der Messung der erbrachten Pflegeleistungen den bestehenden Pflegemangel weiter fortschreiben. Wir wollen die Zahl der Pflegekräfte im Krankenhaus auf den gemessenen Pflegebedarf aufstocken – und damit die Pflege verbessern und den Beruf attraktiver machen. 

Lassen sich die beiden Ansätze miteinander verheiraten – so wie es jetzt im Gesetzentwurf anklingt? 

Nein, das geht nicht. Man kann nur die eine oder andere Linie fahren. Ein System wie es die GKV will, wird weder den Bedürfnissen der Patienten noch denen der Pflegenden gerecht.

Das heißt, es gibt keine Kompromisslinie – the winner takes it all?

Einen gemeinsamen Auftrag wird es nicht geben, es sei denn die GKV besinnt sich eines Besseren und schwenkt auf unsern Kurs ein.

Das klingt wie ein Déjà-vu: Die DKG lehnt auch die Pflegepersonaluntergrenzen, kurz PPUG, ab und verweigert mittlerweile die Beteiligung an deren Weiterentwicklung. Ist das ein Fingerzeig für den Umgang mit der Personalbemessung?

Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Ich möchte aber daran erinnern, dass wir an der ersten Stufe der PPUG konstruktiv mitgearbeitet haben. Inzwischen ist jedoch fast das gesamte Krankenhaus PPUG-beregelt, und es soll munter so weitergehen, bis auch die letzte Pflegefachfrau von der GKV gezählt ist. Wir sind ausgestiegen, als die Untergrenzen und ihr bürokratischer Aufwand absolut nicht mehr vertretbar waren und mit der PPR 2.0 eine bessere Alternative zur Verfügung stand.

Im Konsenspapier von GKV und DKG war von einem Institut die Rede, das beauftragt werden soll. Das Ministerium hat nun auch Sachverständige als Auftragnehmer für die Entwicklung des Instruments aufgenommen. Die Organisationen „Pro-Pflege“ mit Pia Wieteck an der Spitze, käme dann als Auftragnehmer in Frage. Die von Wieteck propagierten Nursing related groups, NRGs, wären damit als Option im Spiel, oder?

Das Wording des BMG entspricht hier voll der GKV-Linie. Mit Hilfe zu codierender OPS soll ein neues pauschales Vergütungssystem für Pflegeleistungen – NRGs – etabliert werden. Pauschale Vergütungen sind immer ein Anreiz zur Kostenminderung. Pflegekosten zu senken, ist nicht unser Ziel. Unser Votum wird dafür nicht zu bekommen sein, denn das ist etwas ganz Anderes als die Pflegepersonalbesetzung an den Pflegebedarf der Patienten anzupassen. Unser Ziel ist gute Pflege.

DKG, Verdi und Deutscher Pflegerat haben bereits ein Bemessungsinstrument entwickelt und in Umlauf gebracht, die PPR 2.0. Das BMG zeigt daran offensichtlich kein Interesse und pocht weiter auf Personaluntergrenzen. Damit liegt die Politik auf Wellenlänge mit den Kassen. Ist das nicht eine Niederlage? 

Zur Erinnerung: Die Entwicklung des Pflegepersonalbemessungsinstruments hat die Konzertierte Aktion Pflege auf unsere Initiative in Auftrag gegeben. Wir haben es geliefert, und es funktioniert. Anders als von einigen Stellen kolportiert, ist es mit den elektronischen Krankenhaus-Informationssystemen kompatibel, und wir haben es mittlerweile auch für Intensiv- und Kindermedizin erweitert. Die Argumente dagegen vom Ministerium und von den Kassen sind vordergründig – das müssen wir bedauerlicherweise zur Kenntnis nehmen. Das letzte Wort ist hierzu aber noch nicht gesprochen,

Ist die PPR 2.0 jetzt politisch tot?

Nein, denn die kurzfristige Einführung der PPR 2.0 bleibt unsere zentrale Forderung in dieser Sache. Sie wäre ein kurzfristiges positives Signal an die Pflege und die Menschen, die diesen Beruf ergreifen oder in den Beruf zurückkommen möchten. Wir halten das jetzt für einen zeitlich begrenzten Stillstand und vertrauen auf eine für die Pflege günstigere Zukunft.

Minister Jens Spahn sieht das offenbar anders… 

Das Ministerium prüft das Thema Personalbemessung seit 2019 – passiert ist bisher nichts. Der jetzt konzipierte Arbeitsauftrag reicht in die neue Legislaturperiode hinein und ist kaum umsetzbar. Zielführend ist das nicht. Hier bedarf es eines Kurswechsels.

Die Grünen haben sich an verschiedenen Stellen für die PPR ausgesprochen. Sind sie die letzte Hoffnung für eine Einführung des Instruments? 

Die letzte Hoffnung sicher nicht. Die DKG hat gute Gespräche mit Vertretern der Grünen geführt, denn sie sehen wie wir die Notwendigkeit so ein System kurzfristig einzusetzen. Wir sind aber auch mit den anderen Parteien im Gespräch und treffen dort ebenfalls auf positive Resonanz.

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