Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Gernot Marx, hat eine "kräftige Corona-Prämie" für Pflegepersonal auf Intensivstationen gefordert, um ihnen die Belastungen durch die vierte Corona-Welle erträglicher zu machen. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" von Sonntag sagte Marx, es brauche eine Art Corona-Prämie für die vierte Welle. Marx‘ Vorschlag:
"Wir wünschen uns, dass für die Monate mit hoher Belastung der Bruttolohn netto ausgezahlt wird. Auch Nacht- und Wochenendarbeit sollte steuerfrei gestellt werden."
Zwar änderten solche Prämien noch nichts an den Strukturen – daran müsse auch dringend gearbeitet werden –, aber der Intensivmediziner äußerte sich zuversichtlich, dass damit ein Motivationsschub für das Pflegepersonal möglich ist.
Marx will "starkes Signal der Wertschätzung"
Nötig sei "jetzt und gleich ein wirklich akutes und starkes Signal der Wertschätzung", denn schon vor Corona hätten Tausende Pflegefachpersonen gefehlt, und nach 22 Monaten Pandemie seien die Leute einfach erschöpft. Viele Beschäftigte auf Intensivstationen könnten schlicht nicht mehr, manche hätten inzwischen kapituliert und ganz aufgehört, sehr viel mehr hätten ihre Arbeitszeit verkürzt. Unter dem Strich seien deswegen 4.000 Intensivbetten weniger belegbar, verdeutlichte Marx.
Die Gewerkschaft Verdi warnte angesichts der hohen Belastungen auf den Intensivstationen vor einem drohenden Exodus in der Pflege. Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte in der "Bild am Sonntag":
"Viele Beschäftigte aus der Pflege haben ihrem Beruf massenhaft den Rücken gekehrt, obwohl sie ihn lieben."
Die vierte Corona-Welle habe angesichts der jahrelangen hohen Belastung "das Fass zum Überlaufen gebracht".
Krankenversorgung in Deutschland gefährdet
Neben den Berufsaussteigern beobachtet Bühler auch eine hohe Zahl Pflegender, die ihre Arbeitszeit reduzierten, und Auszubildende, die ihre Ausbildung abbrächen.
"Uns droht ein regelrechter Exodus in der Pflege. Die Krankenversorgung in Deutschland ist gefährdet, nicht nur in der Pandemie, nicht nur in den Krankenhäusern, sondern auch darüber hinaus."
Um dem Mangel an Fachpersonal entgegenzusteuern, setzt das Universitätsklinikum Gießen und Marburg seit Anfang November auf eine Einstiegsprämie von 5.000 Euro für neue Intensivpflegefachpersonen.