Vielen Organisationen und Verbänden aus dem Gesundheitssystem gehen die am Dienstag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Pläne für die Ausschüttung des Corona-Bonus an Pflegepersonal nicht weit genug. SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens sagte der Nachrichtenagentur AFP in dieser Woche in Berlin, es sei gut, dass sich die Ampel-Koalition für einen weiteren Pflegebonus entschieden habe und versicherte:
"Wir werden uns im parlamentarischen Verfahren für weitere Verbesserungen diesbezüglich einsetzen."
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft betonte in einer eigenen Mitteilung indes deutlich, dass sie die unterschiedliche Prämienhöhe für Pflegefachpersonen auf Intensiv- und Normalstationen ablehnt.
"Dies führt zu enormen Abgrenzungsproblemen und zur Ungleichbehandlung der Beschäftigten. Eine solche Verteilung kann der Belastung im Einzelfall niemals gerecht werden."
Krankenhausträgerinnen und -träger sollten mit den Mitarbeitervertretungen und Betriebsräten einheitliche Prämienregelungen in den Krankenhäusern vereinbaren.
Patientenversorgung als Teamarbeit, Bonuszahlungen unfair
Zudem sei eine einmalige Prämie kein Ersatz für eine nachhaltige Förderung der Pflege. Neben dauerhaft steuerlichen Erleichterungen für Pflegende seien die schnelle gesetzliche Einführung einer Pflegepersonalbemessung – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – und die umgehende Erhöhung des vorläufigen Pflegeentgeltwerts notwendig.
Die Bayerische Krankenhausgesellschaft ergänzte am Donnerstag:
"Es kann nicht sein, dass – anders als in der Altenpflege – nur die Beschäftigten ausgewählter Kliniken vom Pflegebonus profitieren sollen. Das ist unfair."
Zudem sei die Patientenversorgung in Kliniken "eine echte Teamarbeit". Insbesondere in den Hochphasen der Pandemiebewältigung seien es alle Beschäftigten im Krankenhaus gewesen, die sich gemeinsam der immensen Herausforderung gestellt hätten. So wie die einrichtungsbezogene Impfpflicht für alle Klinikmitarbeitende gelte, sei auch die Pandemiebewältigung eine Gemeinschaftsaufgabe der Klinik-Teams.
Mehr Geld in Pflege investieren
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, sagte der "Rheinischen Post" am Mittwoch:
"Die geplante Aufteilung des Pflegebonus ist für die Beschäftigten in der Langzeitpflege ein schlechter Witz."
Fast drei Viertel der Beschäftigten in der Altenpflege arbeiteten in Teilzeit. Mit dem geplanten Bonus rufe Lauterbach bei diesen Menschen mehr Unmut hervor, als wenn die Bundesregierung "nichts zustande gebracht hätte".
Auch für die Gewerkschaft Verdi muss die konkrete Ausgestaltung der Bonuszahlung noch "deutlich nachgebessert werden". Der veranschlagte Betrag von einer Mrd. Euro sei viel zu gering und der Kreis der Empfängerinnen sowie Empfänger des Bonus gehöre ausgeweitet.
Unklare Angaben zur Auszalung des Pflegebonus
Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) fürchtet die gleiche Diskussion wie bereits 2020, weil der Gesetzgeber den Arbeitgebenden und Bundesländern die Möglichkeit gebe, den Bonus aufzustocken. AGVP-Geschäftsführerin Isabell Halletz sagte in dieser Woche:
"Dieses Ping-Pong-Spiel gilt es zu verhindern. Zu befürchten ist, dass die Bundesländer nach Kassenlage entscheiden. Sinnvoller wäre es, auch hier die gleiche Regelung aus 2020 anzuwenden: Pflegekassen übernehmen zwei Drittel des Pflege-Bonus und die Länder ein Drittel."
Klarheit forderte Halletz auch hinsichtlich der berechtigten Mitarbeitenden in der Altenpflege. Wer von November 2020 bis Juni 2022 für mind. 3 Monate in der Altenpflege tätig war und bis Ende Juni 2022 immer noch beschäftigt ist, solle den Pflegebonus erhalten. Allerdings bleibe unklar, ob die Mitarbeitenden dafür auch noch beim selben Arbeitgebenden beschäftigt sein müssten.