Herr Eskindir, Sie haben Eritrea vor 20 Jahren verlassen. Wie kam es dazu?
Dazu muss ich etwas ausholen: Eritrea wurde 1993 unabhängig von Äthiopien. Seitdem wird das ostafrikanische Land von Isayas Afewerki regiert – ein skrupelloser Diktator, der nun schon seit 30 Jahren die Menschen in Eritrea schikaniert und Kriege in der Region anheizt. Um seine Macht zu sichern, gilt in Eritrea seit Langem ein Militärdienst, der offiziell 18 Monate dauert. In Wahrheit wird man aber viel länger eingezogen, teilweise jahre- oder jahrzehntelang. Als junger Mensch wollte ich mich nicht mit einer aussichtslosen Zukunft abfinden und entschied mich daher zur
Flucht. Das war Ende 2004. Über Umwege kam ich im Februar 2005 in Deutschland an. Es war keine bewusste Entscheidung, sondern eher Zufall.
Warum haben Sie sich für die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger entschieden?
In meiner Heimat habe ich die Schule mit dem Abitur verlassen und anschließend ein Ökonomiestudium absolviert. Beides wurde in Deutschland
nicht anerkannt. Also musste Plan B her. Ich entschied ich mich für die Pflegeausbildung, weil ich mich schon immer für den Gesundheitsbereich
interessierte und mit Menschen arbeiten wollte. Die Ausbildung an den Katholischen Kliniken in Iserlohn habe ich 2011 erfolgreich abgeschlossen.
Wie ging es dann weiter?
Schon während der Ausbildung entdeckte ich mein Interesse für den Intensivbereich. Am Klinikum Dortmund absolvierte ich daher die Fachweiterbildung
in der Intensiv- und Anästhesiepflege. Ich habe lange im schönen Sauerland gewohnt und gearbeitet, lebe aber seit vergangenem Jahr in Südhessen, nahe Frankfurt. Ich habe Familie dort und wollte in deren Nähe ziehen.
Auch wenn Sie Ihr Heimatland vor langer Zeit verlassen haben: Wissen Sie, wie der Pflegeberuf in Eritrea gekennzeichnet ist?
Soviel ich weiß, ist es ein anerkannter Beruf, der gleichermaßen von Frauen und Männern ausgeübt wird. Die Qualifikation erlangt man über einen
Lehrgang an einer berufsbildenden Schule. Der größte Unterschied in der Praxis ist, dass die reine Pflege, zum Beispiel Unterstützung bei der Körperpflege
und Nahrungsaufnahme, komplett von Angehörigen ausgeführt wird. Das Fachpersonal ist vorrangig für das Verabreichen von Medikamenten
zuständig.