Der vom Deutschen Pflegerat e. V. (DPR) einberufene "Expert:innenrat Pflegewissenschaft/ Hebammenwissenschaft und Pandemie" nennt in seiner ersten Stellungnahme Handlungsempfehlungen zur "Vorbereitung auf eine weitere SARS-CoV-2-Welle im Herbst 2022 in der Pflege und im Hebammenwesen" (zur Kurzfassung).
Darin listet der Rat 10 Empfehlungen zum weiteren Umgang mit der COVID-19-Pandemie (zur Langfassung) auf, die nach seiner Ansicht klare Steuerungsimpulse für das weitere Pandemiegeschehen enthalten. Deutlich werde, dass die Sektoren der Pflege und des Hebammenwesens erneut vor großen Herausforderungen stehen. Erforderlich seien ein gemeinsames Handeln und eine zeitnahe Vorbereitung, um eine neue pandemische Welle bewältigen zu können, schreibt der DPR in einer Pressemeldung vom Donnerstag.
10 Empfehlungen
- Empfehlung 1: Pflegebedürftige Menschen, Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige nicht ausgrenzen
- Empfehlung 2: Pflegerische und Hebammen-Versorgung auch in der Pandemiewelle sicherstellen
- Empfehlung 3: Pflegefachpersonen und Hebammen autorisieren, Schutzimpfungen durchzuführen
- Empfehlung 4: Patientinnen und Patienten sowie pflegebedürftige Menschen bestmöglich vor Infektionen schützen
- Empfehlung 5: Berufliche Expertise der Pflegefachpersonen und Hebammen in alle Entscheidungsgremien und Krisenstäbe einbinden
- Empfehlung 6: Infektionsgeschehen, Krankheitslast und Sterblichkeit im Hinblick auf COVID-19 lückenlos epidemiologisch erfassen
- Empfehlung 7: Pflegeforschung und Hebammenforschung fördern, um Entscheidungsgrundlagen zum Umgang mit SARS-CoV-2 zu schaffen
- Empfehlung 8: Pflegerische und Hebammen-Versorgungsstrukturen innovativ weiterentwickeln
- Empfehlung 9: Eine interdisziplinäre und sektorenübergreifende Zusammenarbeit fördern
- Empfehlung 10: Ambulante Hebammenarbeit als systemrelevante, kritische Infrastruktur mitberücksichtigen
DPR-Präsidentin Christine Vogler sagte zu den Empfehlungen:
"Die Ergebnisse müssen in die künftigen Entscheidungen der Gesundheitsversorgung mit einfließen. Sie zeigen deutlich, dass die Expertise der Pflegewissenschaft in Deutschland aus den Experten- und Entscheidergremien zur Sicherung der Gesundheitsversorgung nicht mehr ausgeschlossen werden darf. Die Pflege und ihre Expertise muss strukturell, finanziell und personell gestärkt werden."
Der Sprecher des Expert:innenrats, Thomas Fischer, betonte, der Schutz pflegebedürftiger und kranker Menschen vor COVID-19 liege wesentlich in den Händen von Pflegefachpersonen.
"Der Umgang mit einer nächsten pandemischen Welle wird nur gelingen, wenn Wissen und Können von Pflegewissenschaft und -praxis endlich in die Ausgestaltung der Eindämmungsmaßnahmen eingebunden werden. Die Verbindung von Infektionsschutz und Wahrung von Würde und Lebensqualität vulnerabler Gruppen sind dabei für uns zentral."
DBfK: Professionelle Pflege umfassend einbinden
Die Handlungsempfehlungen des Expert:innenrats gäben die Richtung zum weiteren Umgang mit der COVID-19-Pandemie vor, schrieb am Donnerstag auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK). Deren Bundesgeschäftsführerin, Bernadette Klapper, forderte:
"In der Vorbereitung der Herbststrategie zum Umgang mit der COVID-19-Pandemie täten die politisch Verantwortlichen gut daran, die professionelle Pflege umfassend einzubinden."
Die Pflege habe das notwendige Fachwissen und sei in den Einrichtungen der Langzeitpflege präsent. Sie habe in den ambulanten Pflegediensten Zugang zu vulnerablen Personengruppen.
Im Falle einer erneuten Impfkampagne im kommenden Herbst plädierte der DBfK für "eine befristete Regelung der Heilkundeübertragung und der Leistungsvergütung (…), um das Potenzial der professionellen Pflege zu nutzen". Das sei ein wichtiger Beitrag, um möglichst rasch den umfassenden Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.