Seit 2020 das Pflegeberufegesetz in Kraft getreten ist, sorgt die generalistische Pflegeausbildung für rege Diskussionen, ob und inwiefern die Reform für die Profession Pflege eine Verbesserung ist. Zunächst zeigen Zahlen zum ersten Abschlussjahrgang, wie die Generalistik angenommen wurde: Laut Statistischem Bundesamts (Destatis) haben rund 33.600 Menschen die neue Pflegeausbildung abgeschlossen. Von diesen Absolventen wählten 99 Prozent (33.100) einen generalistischen Abschluss als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann. Lediglich ein minimaler Anteil (ein Prozent) erwarb einen Abschluss mit Schwerpunkt Gesundheits- und Kinderkrankenpflege (300 Absolventen) oder Altenpflege (100). Über alle Jahrgänge hinweg lag die Zahl der Auszubildenden Ende 2023 bei 146.900.
Fachabteilungen mit gestiegenen Abbruchquoten
Das aktuelle Psychiatrie-Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) offenbart allerdings hohe Abbruchquoten in psychiatrischen und psychosomatischen Fachkrankenhäusern sowie Allgemeinkrankenhäusern mit psychiatrischen oder psychosomatischen Fachabteilungen. In 46 Prozent der Psychiatrien sind die Abbruchquoten demnach leicht oder deutlich gestiegen. In 37 Prozent der befragten Einrichtungen sind die Ausbildungsverträge überwiegend von den Auszubildenden selbst gekündigt worden. 57 Prozent der Psychiatrien verzeichnen einen Rückgang bei den Bewerberzahlen für eine Pflegeausbildung.
Vertreter der Pflegelobby kommen zu unterschiedlichen Einschätzungen:
- Zwar werde die generalistische Ausbildung derzeit für viele Probleme in der Pflege verantwortlich gemacht, kommentiert Kevin Galuszka, Vorstandsmitglied der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen. Aber die Generalistik sei der richtige Weg, da sie den Auszubildenden mehr Möglichkeiten eröffne. Was zu tun ist, damit auch die Psychiatrie langfristig von gut ausgebildeten, vielseitig einsetzbaren Pflegefachperson profitieren kann, beschreibt er in seinem Kommentar.
- Der Deutsche Pflegerat (DPR) sieht in der generalistischen Pflegeausbildung einen Erfolg für die Pflege. Die Destatis-Zahlen zeigten, dass die Absolventen die Vorteile der Generalistik erkannt hätten und die Ausbildung bei diesen "sehr gut" ankomme. Die Ausbildung eröffne vielfältige berufliche Perspektiven und stärke sowohl ihre Karriereentwicklung als auch die Qualität der Pflege, sagte DPR-Präsidentin Christine Vogler am Montag. Zudem sei mit der generalistischen Ausbildung der dringend erforderliche internationale Anschluss geschaffen worden. Wichtig sei jetzt, weiterführende Bildungswege zu sichern.
- Die Pflegekammer Rheinland-Pfalz unterstreicht die Beliebtheit der Pflegeausbildung. So seien die Ausbildungsverträge 2023 im Vergleich zum Vorjahr immerhin um vier Prozent auf 54.400 gestiegen. Herausfordernd bleibe aber, generell Auszubildende für den Pflegeberuf zu finden und langfristig zu binden. Andere Rahmenbedingungen, wie flexible Arbeitszeitmodelle, eine Feedbackkultur und Wertschätzung sowie mehr Autonomie über die eigenen Arbeitsabläufe und Entscheidungen seien deutlicher zu berücksichtigen, sagte Kammerpräsident Markus Mai Ende vergangener Woche.
- Der Berufsverband Kinderkrankenpflege stellt zwar nicht das Pflegeberufegesetz infrage, jedoch dessen mangelhafte Umsetzung. Bislang fehlten Kliniken und Ausbildungsstätten, an denen eine Spezialisierung für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege möglich sei, kritisierte Vorstandsmitglied Birgit Pätzmann-Sietas.
- Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) forderte unlängst, das Generalistik-Modell auf den Prüfstand zu stellen. "Hohe Abbrecherquoten" bei Menschen, die beruflich in die Altenpflege einsteigen wollten, resultierten letztlich aus einer "fachlichen Überfrachtung der kombinierten Ausbildung", so bpa-Präsident Bernd Meurer.