Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hat angesichts der drohenden nächsten Corona-Welle im Herbst zeitnahe Vorbereitungen angemahnt. Eine erneute dauerhafte Extrembelastung werde zu einer weiteren Fluktuation aus den Gesundheitsberufen führen, insbesondere in hochbelasteten Bereichen, betonten die 19 Wissenschaftlerinnern und Wissenschaftler in ihrer 11. Stellungnahme.
Pflegepersonalmangel mit "dramatischen Folgen"
Eine solche Fluktuation von Personal u. a. aus Pflegeberufen habe dramatische Folgen für die flächendeckende, qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in Deutschland – unabhängig von Infektionskrankheiten.
Der Expertenrat sprach sich deshalb für eine entsprechende Kommission aus, die "umgehend" einzusetzen sei und Lösungsvorschläge unterbreiten solle.
Arbeitsbelastung reduzieren, Vergütung anpassen
Auch sei eine Reform des gesamten Gesundheitssystems anzustreben mit dem Ziel, die übermäßige Arbeitsbelastung zu reduzieren und die Vergütung der verschiedenen Berufsgruppen "adäquat" anzupassen. In der Stellungnahme ist festgehalten:
"Ohne eine sichtbare Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs und anderer Gesundheitsberufe kann absehbar von einer nachhaltigen Versorgungskrise im Gesundheitssystem ausgegangen werden."
Der zunehmende Pflegepersonalmangel betreffe die Kinder- und Jugendmedizin in besonderem Maße, verdeutlichte der Expertenrat weiter. Bereits in der Vergangenheit habe dieser in Situationen saisonaler Überbelastung zu einer "zum Teil kritischen Unterversorgung" geführt.
Da der gravierende Pflegepersonalmangel in den Kinderkliniken kurzfristig nicht behebbar sei, sollten Kinderkliniken u. a. eine "besondere Unterstützung durch pflegeentlastende Berufsgruppen" erfahren, so die Empfehlung des Expertenrats.
Geschultes Pflegepersonal soll vor Ort impfen
Hinsichtlich konkreter Maßnahmen zur Erhöhung der Impf- und Booster-Impfquote für eine adäquate Vorbereitung auf die kommende Herbst-/Winter-Saison plädierte das Wissenschaftsteam für ein Public-Health-Nurse-Konzept. Dieses solle bestimmt sein von aufsuchenden Impfteams. Geschultes Pflegepersonal solle vor Ort Impfungen gegen SARS-CoV-2 und Influenza verabreichen können.
Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist die vom Expertenrat vorgelegte aktuelle Stellungnahme Grundlage für seine weiteren Pandemievorbereitungen. Das Gutachten werde "maßgeblich für unsere Pandemiebekämpfung im Herbst", sagte Lauterbach während eines von der "Rheinischen Post" veranstalteten Ärzte-Netzwerktreffens vergangenen Mittwoch.
"Wir werden dieses Gutachten auswerten und auf Grundlage des Gutachtens zeitnah zu Empfehlungen kommen, mit denen wir den Herbst vorbereiten."