Am Montagnachmittag wurde in einer öffentlichen Anhörung im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags die Stern-Petition für eine bessere Pflege beraten. Mit insgesamt über 328.000 Unterschriften ist die Petition die erfolgreichste in der Geschichte des Petitionsausschusses.
Beratung der Pflege-Petition ab 01:02:00:
Stern-Reporter und Petent Bernhard Albrecht betonte:
"Was Pflegekräfte leisten, wird fatal unterschätzt. Sie haben einen geschulten diagnostischen Blick. Doch sie brauchen Zeit. Die fehlt."
In seinem Plädoyer für eine bessere Pflege forderte Albrecht u. a.
- verlässliche Arbeitszeiten,
- die Entlastung von Bürokratie,
- Personalschlüssel „nach echtem Bedarf“,
- höhere Gehälter,
- Zulagen und Entlohnung von Weiterqualifizierung,
- mehr Entscheidungsmöglichkeiten an Patientinnen und Patienten sowie
- bessere Karrierechancen.
Benötigt werde zudem die konsequente Abkehr von Profitdenken und ökonomischen Fehlanreizen mithilfe einer Gesundheitsreform.
Zu hoher ökonomischer Druck
Derzeit gelte: Je billiger die Pflege, desto höher der Gewinn, kritisierte der Petent. In den Krankenhäusern müssten Pflegende immer mehr Patientinnen und Patienten in immer kürzerer Zeit "durchschleusen". Schuld seien der hohe ökonomische Druck und das Abrechnungssystem nach Fallpauschalen. Mehr Fälle bedeuteten mehr Geld.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verwies indes auf erreichte Verbesserungen durch die "Konzertierte Aktion Pflege" der Bundesregierung. Es gebe u. a. mehr Perspektiven zur beruflichen Weiterentwicklung, eine bessere Bezahlung und Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Spahn: Personalmangel ist ein Henne-und-Ei-Problem
Aus Sicht von Spahn ist der Personalmangel in der Pflege ein "Henne-und Ei-Problem". Viele würden ihm sagen: "Ich komme in die Pflege zurück, wenn es mehr Kollegen und weniger Stress gäbe." Seine Antwort sei dann: "Es gäbe mehr Kollegen und weniger Stress, wenn alle Stellen besetzt werden könnten."
Es sei sehr schwierig, eine Spirale, die sich in den vergangenen Jahren in eine Richtung gedreht habe, nun wieder zurückzudrehen. Gleichwohl sei damit begonnen worden, so Spahn und erläuterte seine Sicht des Problems:
"Wir halten mit dem vollen Wasserstrahl auf das Problem. Die in der Pflege Tätigen haben aber das Gefühl, es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein."
Was die geforderte Abkehr vom Profitdenken in der Pflege angeht, so sagte Spahn:
"Gewinn braucht jeder, auch die Caritas und die AWO."
Sichergestellt sein müsse aber, dass die Gewinne nicht zulasten der Pflege gehen. Ein Beitrag dazu sei die Ausgliederung der Pflegekosten aus den Fallpauschalen seit Anfang 2020. Alles, was für Pflege aufgewendet wird, werde den Krankenhäusern refinanziert.
Ein abschließendes Votum zur Pflege-Petition steht noch aus. Dies soll in einer späteren Sitzung des Petitionsausschusses erfolgen.