Rund 200 Schließungen und Insolvenzen in der Pflege seit Jahresbeginn: Der Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP), Thomas Greiner, hat vor einem bundesweiten Heimsterben und einer Versorgungskatastrophe in der Altenpflege gewarnt. Die Politik müsse endlich handeln.
"Unrealistische Personalschlüssel" abschaffen
Greiner fordert in der aktuellen Notlage eine Finanzspritze für die Heime und die Abschaffung "unrealistischer Personalschlüssel". Außerdem müssten Pflegekassen, Länder und Kommunen ihren gesetzlichen Finanzierungspflichten nachkommen und die Bundesregierung müsse in den Krisenmodus schalten.
Der AGVP-Präsident sagte in der Vorwoche:
"Wir müssen uns in der Pflegepolitik von Illusionen verabschieden und der Wirklichkeit zuwenden. Derzeit kalkulieren wir mit Belegungszahlen, die nicht mehr stimmen, mit Personal, das wir nicht haben, und betrachten uns als Magnet für ausländische Fachkräfte, der wir nicht sind."
Die Finanzierung der Einrichtungen müsse sich an realistischen Belegungszahlen orientieren. Derzeit sei eine Belegung von 96 bis 98 Prozent erforderlich, um die gesetzlich vorgeschriebene wirtschaftliche Betriebsführung zu ermöglichen. Die durchschnittliche Belegung liege aber zum Beispiel bei den AGVP-Mitgliedsunternehmen lediglich bei 82 Prozent. Neben den Folgen der Pandemie sei auch der Fachpersonalmangel ein Grund für die niedrige Belegung in Pflegeheimen.
"Alle reden vom Arbeitskräftemangel, aber in der Altenpflege werden Personalvorgaben gemacht, als gäbe es in den Heimen eine Bewerberschwemme. Hier wird mit Phantom-Pflegekräften geplant – bis zum bösen Erwachen, wenn die Betreiber wegen Personalmangel das Heim schließen müssen. Wir müssen uns von diesem Goldstandard verabschieden."
Schon jetzt müssten viele Heime Pflegebedürftige trotz leerer Betten abweisen, weil sie die strengen Personalschlüssel nicht einhalten könnten. Der Personalschlüssel lasse den Betrieben kaum Spielraum für eine realistische Personalplanung und gefährde im schlimmsten Fall die Versorgung.
Gesetzlichen Finanzierungspflichten nachkommen
Zudem erfüllten die Länder ihre Pflicht, die Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen zu finanzieren, nur unzureichend. Auch die Vergütung durch die Pflegekassen entspreche nicht der gesetzlichen Vorgabe, einen wirtschaftlichen Betrieb von Pflegeeinrichtungen zu ermöglichen. Die Kommunen wiederum würden zwar einspringen, wenn Pflegebedürftige ihren Eigenanteil nicht mehr aufbringen können. Sie ließen sich damit aber mehrere Monate Zeit, in denen die Pflegeanbieter die Kosten tragen müssten.
Pflegeheime seien keine Banken, die über Monate Geld vorstrecken könnten, betonte Greiner.