Die geplante Klinikreform in Deutschland wird konkreter. Am Wochenende ist der 186 Seiten starke Gesetzesentwurf bekannt geworden, der BibliomedPflege vorliegt. Über pflegerelevante Reaktionen auf den Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) wird BibliomedPflege in Kürze berichten.
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Die wichtigsten Inhalte des aktuellen Entwurfs im Überblick:
- Die sektorübergreifenden Versorgungseinrichtungen (Level 1i) sollen neben der stationären Behandlung auch sektorenübergreifende Leistungen erbringen. Der Gesetzentwurf definiert sie als Krankenhäuser, die wohnortnah stationäre Krankenhausbehandlung mit ambulanten und pflegerischen Leistungen verbinden sollen.
- Künftig sollen die Klinken 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen.
- Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen sein. Sie sollen einheitliche Qualitätsvorgaben absichern.
- Extra-Geld wird laut Referentenentwurf ab 2027 veranschlagt etwa für die Bereitstellung von Kindermedizin-Stationen (288 Millionen Euro), Geburtshilfestationen (120 Millionen Euro), Schlaganfallstationen (35 Millionen Euro) und Intensivstationen (30 Millionen Euro).
- Stationen der Inneren Medizin und der Allgemeinen Chirurgie sollen in höchstens 30 Minuten per Auto erreichbar sein. Für die übrigen Leistungsgruppen soll die Fahrzeit maximal 40 Minuten betragen. Bei der Planung soll aber auch die Zahl der Einwohner berücksichtigt werden, die von längeren Fahrzeiten betroffen wären, falls es in ihrem Nahgebiet keine entsprechenden Leistungen gibt.
Deutliche Veränderung der Kliniklandschaft
Zuletzt hatte es geheißen, dass der Gesetzentwurf am 24. April im Kabinett beschlossen werden soll. Nach Lauterbachs Worten sollen "große Qualitätsdefizite" durch mehr Spezialisierung vermindert werden. Die Reform werde die Kliniklandschaft deutlich verändern, so Lauterbach. Bislang gebe es überversorgte Städte und unterversorgte Gebiete in ländlichen Regionen.
Lauterbachs Pläne stoßen auf ein geteiltes Echo. Von Unionspolitikern kommt scharfe Kritik am Referentenentwurf. Politiker der Ampel-Koalition verteidigten die Pläne hingegen.
Geteiltes Echo zum Referentenentwurf
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, sagte der "Bild am Sonntag":
"Die Vorschläge zur Finanzierung sind völlig unausgegoren und führen vor Ort zu weiterer Verunsicherung. Das Kliniksterben geht ungehindert weiter."
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) warf Lauterbach vor, er habe "ein weiteres Mal die Länder nicht vorab einbezogen". Der SPD-Politiker wolle "seine Sicht auf die Reform mit aller Macht durchdrücken".
Der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte der Zeitung, man vermisse im Entwurf "eine wirksame wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser als Inflationsausgleich im Jahr 2024".
Mangel an Pflegepersonal und Ärzten
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, wies auf den Mangel an Pflegepersonal und Ärzten hin, zugleich wachse die Zahl alter und kranker Menschen, die versorgt werden müssten. Die Versorgungsqualität werde zunehmend schlechter, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Diesen Teufelskreis werde man nun durchbrechen, "indem wir die wirtschaftliche Existenz kleiner Krankenhäuser für die Grundversorgung absichern, gleichzeitig planbare, spezialisierte Eingriffe nur noch auf größere Kliniken konzentrieren und indem wir 50 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren bereitstellen, um unsere Krankenhauslandschaft für die Zukunft nachhaltig umzubauen".
Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann sagte der "Bild am Sonnntag":
"Ein Krankenhaussterben wird es nur geben, wenn wir die notwendigen Reformen verschleppen. Wir brauchen die Reformen, um eine bessere Versorgung der Bevölkerung zu erreichen."
Quelle: dpa/Bibliomed