Ein Bericht des Recherche-Netzwerks „Correctiv" über eine angeblich „schlampige Hygiene" in deutschen Kliniken findet in der Branche keine Freunde. „Die Daten sind veraltet", teilte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in einer ersten Stellungnahme mit. Die Analysen des Berichts, der in Kooperation mit der TV-Sendung „Plusminus" entstand und inzwischen von zahlreichen Medien aufgegriffen wurde, beruht auf den Qualitätsberichten aus dem Jahr 2014.
Demnach würden 43 Prozent der deutschen Krankenhäuser „die Hygienevorgaben nicht erfüllen". Die Autoren stützen sich dabei auf eine eigene Interpretation der Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) aus 2009. Danach sollen laut der Interpretation der Autoren zum Beispiel bei einer Klinik mit mehr als 400 Betten jeweils ein Krankenhaushygieniker und eine Hygienefachkraft in der Pflege vorhanden sein. Das ist falsch. Ein Blick in die das KRINKO-Papier verrät, dass die Regelung ausschließlich für Klinikhygieniker gilt. Zudem gelten landesspezifische Vorgaben, die in dem Correctiv-Bericht allerdings keinerlei Erwähnung finden.
Aus Sicht der Kliniken haben die Correctiv-Autoren auf diese Weise eigene Kriterien aufgestellt, die mit den tatsächlich Hygienevorschriften nicht übereinstimmten. Auch sei die Datengrundlage mangelhaft, nicht nur wegen des Alters der zugrundeliegenden Qualitätsberichte. Denn die tatsächliche Quote an Hygienefachkräften ist laut DKG in den Qualitätsberichten keine verpflichtende Angabe. Während Correctiv vermutet, dass die Zahlen in den Qualitätsberichten an dieser Stelle vermutlich „geschönt" seien, argumentiert die DKG, dass die Situation besser sei als in den Berichten dargestellt.
Ungleich härter fällt die Kritik der Krankenhäuser in Hessen aus. Laut der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG) ist es ein „grober Fehler", dass der Beitrag die Hygieneverordnungen der Länder nicht berücksichtige, die für die Kliniken verbindlich sind und die im Correctiv-Bericht mehrfach genannten RKI-Richtlinien in Landesrecht umsetzen. Statt der angegebenen 35 Prozent der hessischen Kliniken, die Personalvorgaben angeblich nicht erfüllen, hätten schon im Berichtsjahr 2014 nur weniger als zehn Prozent die Personalvorgaben unterschritten.
Die HKG fügt hinzu, dass zum Beispiel auch für psychiatrische Kliniken in Hessen gesonderte Regeln gelten, die ebenfalls keine Berücksichtigung fanden in dem Correctiv-Bericht. „Außerdem sind wir im Jahr 2017 und die Krankenhäuser haben in den letzten Jahren das Hygienepersonal weiter aufgestockt", sagte der Geschäftsführende Direktor der HKG Rainer Greunke.
In ihrer Analyse ignorieren die Correctiv-Autoren auch externe Krankenhaushygieniker und geben deshalb dem Klinikum Saarbrücken beispielsweise eine schlechte Bewertung. Der Recherche der Autoren zufolge würden externe Hygieniker teils nur einmal pro Jahr ins Krankenhaus kommen. Dem widerspricht die Klinikleitung in Saarbrücken energisch. Dort schätze man die externe Kompetenz außerordentlich. „Dies bedeutet nicht nur, dass täglich ein Krankenhaushygieniker vor Ort präsent ist, sondern dass je nach Fragestellung auf ein erweitertes Team von Spezialisten jederzeit, auch in Urlaubs- und Krankheitszeiten, zurückgegriffen werden kann", heißt es in einer Mitteilung.