• 26.09.2022
  • Praxis
Erste Sondererhebung des BIBB-Pflegepanels

"Umfassender Blick auf die Ausbildungslandschaft in der Pflege"

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 10/2022

Seite 16

Der Gesetzgeber hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) mit einem jährlichen Monitoring zur Umsetzung der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung beauftragt. In einer „Ersten Sondererhebung“ wurden aktuelle Daten zu berufsqualifizierenden Pflegestudiengänge erhoben. Über die Details sprachen wir mit Claudia Hofrath und Dr. Michael Meng. 

Frau Hofrath, was ist unter dem Pflegepanel des Bundesinstituts für Berufsbildung, kurz BIBB, genau zu verstehen?

Hofrath: Das BIBB-Pflegepanel besteht aus ausbildenden Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten sowie aus Pflegeschulen und Hochschulen, die einen berufsqualifizierenden Pflegestudiengang anbieten. Im Hinblick auf die Hochschulen, die primärqualifizierende Studiengänge anbieten, handelt es sich um eine Vollerhebung. Das BIBB-Pflegepanel ist insofern bundesweit einzigartig für die Pflege. Wir streben eine möglichst breite Beteiligung an, um die Vielfalt der Pflegeausbildungen in den jährlichen Erhebungen gemäß unseres gesetzlichen Auftrags adäquat abbilden zu können. Die Panel-Teilnehmenden leisten einen wichtigen Beitrag für die erfolgreiche Etablierung der neuen Pflegeausbildungen und geben Impulse für potenzielle künftige Anpassungen.

Aus wie vielen Personen besteht das Pflege­panel und wie wurden diese gewonnen?

Hofrath: Das Pflegepanel umfasst momentan insgesamt 6.863 Personen. Zum Aufbau des Panels wurden im Jahr 2020 alle Hochschulen, Pflegeschulen, Krankenhäuser, ambulante Pflegedienste und stationäre Pflegeeinrichtungen recherchiert. Zu diesem Zeitpunkt war unbekannt, welche dieser Institutionen überhaupt in der Pflege und spezifisch Pflege­fachfrauen und Pflegefachmänner ausbilden. Aus diesem Grund sprachen wir alle recherchierten Institutionen an und befragten sie zunächst, ob sie in der Pflege ausbilden. Wenn dies positiv beantwortet wurde, baten wir die kontaktierten Personen, als Repräsentanten ihrer Einrichtung, Schule oder Hochschule an einer ersten Befragung teilzunehmen und sich auch für künftige Befragungen im Rahmen des Pflegepanels zur Verfügung zu stellen. Da die Zahl der ausbildenden Pflegeheime und ambulanten Pflegedienste sehr groß ist, wurde bei diesen Einrichtungen eine zufällige Stichprobe ins Panel aufgenommen. Die Beteiligungsquote war bei allen angesprochenen Personengruppen sehr gut.

Ergebnisse der ersten Sondererhebung im Überblick

Stichprobe. 56 Hochschulen nahmen an der ersten Sonder- erhebung des BIBB-Pflegepanels teil. Darin enthalten waren alle 27 Hochschulen, die primärqualifizierende Pflegestudiengänge anboten.

Studierendenanzahl. Im untersuchten Zeitraum (Winter­semester 2019/2020 bis Wintersemester 2021/2022) waren 1.036 Studierende in primärqualifizierenden Pflegestudiengängen erstimmatrikuliert. Deren Anzahl ist zwischen 2019 und 2021 gestiegen. Anhand der Mittelwerte der Studierendenanzahl wird deutlich, dass die im Schnitt pro Studiengang neu eingeschriebenen Studierenden bei primärqualifizierenden Studiengängen eher konstant bleiben. Der Anstieg der Studierendenanzahl ist also auf die Zunahme an primärqualifizierenden Studienangeboten zurückzuführen.

Akademisierungsquote. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) von März 2022 haben im Jahr 2021 61.458 Personen ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann begonnen. Demgegenüber gab es 1.091 Studierende in berufsqualifizierenden Pflegestudien-gängen, davon 508 in primärqualifizierenden Studiengängen. Die Akademisierungsquote für das Jahr 2021 beträgt demnach 1,74 % für alle Studierenden bzw. 0,82 %, wenn nur primär-qualifizierend Studierende gezählt werden.

Praxiseinsatzplätze. Etwa zwei Drittel der teilnehmenden Hochschulen gaben an, dass ihre Studierenden im Rahmen der Vorgaben eine freie Wahlmöglichkeit für Praxiseinsatzplätze haben. Die Freitextantworten deuteten allerdings darauf hin, dass es diese Möglichkeit nur gab, weil das Studienangebot nicht voll belegt war.

Die Bezahlung der Praxiseinsätze von primärqualifizierend Studierenden weist ein großes Spektrum auf. 59 % der Hochschulen gaben an, dass eine Bezahlung alleinig von der Praxiseinrichtung abhänge. Die Freitextantworten deuteten darauf hin, dass die Spanne der Vergütung der Studierenden zwischen 350 Euro und 1.200 Euro pro Monat lag. Knapp die Hälfte der Hochschulen mit primärqualifizierenden Pflegestudiengängen gaben Werte zwischen 400 Euro und 500 Euro an.

85 % der primärqualifizierenden Hochschulen äußerten, dass ein Konzept für die Lernortkooperation existiere.

Alle primärqualifizierenden Hochschulen gaben an, dass Studierende sowohl während der Praxiseinsätze als auch während der hochschulischen Phasen betreut würden. Ebenso stünden die Hochschulen in engem Kontakt mit den Praxis­orten.

Reguläre Finanzierung der Studierenden. Neben der Vergütung der Praxiseinsätze wurde auch die reguläre Finanzierung der Studierenden über die gesamte Studiendauer hinweg abgefragt (jenseits des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, BAföG). Für ein Drittel der primärqualifizierend Studierenden gibt es unterschiedliche Finanzierungsmodelle.

Auslastung. Die Auslastung der primärqualifizierenden Pflegestudiengänge liegt aktuell bei etwa 50 %. Die Spann­weite beträgt 0 % bis 100 %: So konnte in einem im Winter­semester 2021/2022 neu gestarteten Studiengang keiner der verfügbaren Plätze besetzt werden, während vier Studiengänge eine Auslastung zwischen 85 % und 100 % aufweisen.

Quelle: Meng M, Peters M, Dorin L. Erste Sondererhebung des BIBB-Pflegepanels. Ein aktueller Überblick zu berufs­qualifizierenden Pflegestudiengängen; 2022. Im Internet: res.bibb.de/vetrepository_780291; Zugriff: 20.09.2022

Lässt sich genau beziffern, wie viele Hochschulen, Pflegeschulen, Kliniken, ambulante Pflegedienste und Pflegeheime diese Personen repräsentieren?

Meng: Das BIBB-Pflegepanel umfasst aktuell 744 Krankenhäuser, 2.843 Pflegeheime inklusive mehrgliedriger Einrichtungen, 2.230 ambulante Pflegedienste, 990 Pflegeschulen und 56 Hochschulen – davon 27 mit primärqualifizierendem Studienangebot. Damit erlaubt das Panel einen umfassenden Blick auf die Ausbildungslandschaft in der Pflege.

Schon im Zuge des Panelaufbaus wurden erste Daten erhoben. Welche Aspekte standen dabei im Vordergrund?

Hofrath: Im Zuge des Panelaufbaus wollten wir Erkenntnisse über die bisherigen Erfahrungen der Teilnehmenden mit der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung gewinnen. Die Ergebnisse belegen, wie attraktiv die neuen Pflegeausbildungen sind: mehr als acht von zehn befragten Personen – 83,6 Prozent – attestierten ihnen eine größere Flexibilität im späteren Berufsleben. Knapp 58 Prozent sahen in ihnen eine Verbesserung der internationalen Anschlussfähigkeit und rund 64 Prozent bescheinigten ihr, einen Beitrag zur Professionalisierung der beruflichen Pflege zu leisten. Dass die neuen Pflegeausbildungen die Attraktivität der Berufsausübung in der Pflege deutlich steigern, bestätigten fast 57 Prozent.

In diesem Jahr haben Sie eine sogenannte erste Sondererhebung zur aktuellen Situation der berufsqualifizierenden Pflegestudiengänge durchgeführt [eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist dem Textkasten auf dieser Seite zu entnehmen, Anm. d. Red.]. Was war der Grund dafür und welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?

Meng: Der Hauptgrund für die Sondererhebung war die bis dato unspezifische amtliche Statistik zum berufsqualifizierenden Pflegestudium. Denn in diesem sich stetig entwickelnden dynamischen Feld ist es unabdingbar, valide Daten für evidenzbasierte Entscheidung heranziehen zu können. Die für mich wichtigsten Erkenntnisse sind die Studierendenzahlen, die damit verbundene Information über die Akademisierungsquote und die Studienplatzauslastung. Besonders herausgestochen hat für mich, dass die primärqualifizierenden Hochschulen, die eine kontinuierliche Finanzierung der Studierenden gewährleisten konnten, eine höhere Auslastung der Studienplätze aufwiesen.

Wann erfolgt das erste „echte“ Monitoring im Rahmen des BIBB-Pflegepanels und welche Fragen werden hier im Fokus stehen?

Meng: Die erste Erhebung im Pflegepanel startet Ende 2022. Ab dann wird es einmal jährlich, immer zum Ende eines Jahres, eine Erhebungswelle geben. Außerdem sind vereinzelt weitere Sondererhebungen mit wechselnden Zielgruppen geplant. Neben den klassischen Kenngrößen wie der Anzahl der Auszubildenden und Studierenden wird es Einstellungsfragen der jeweiligen Zielgruppe zum Pflegeberufegesetz geben. Auf diese Weise sollen sowohl Positives als auch Herausforderungen identifiziert werden. Ein besonderer Fokus wird dieses Jahr erstmalig auf der Wahl der gesonderten Berufsabschlüsse liegen. Denn es stellt sich künftig ja die Frage, ob es die Berufsabschlüsse in der Altenpflege nach dem Pflegeberufegesetz und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege nach dem Pflegeberufegesetz parallel zum generalistischen Abschluss als Pflegefachfrau beziehungsweise Pflegefachmann weiterhin geben soll. Dies wird aber nur ein Teilaspekt einer größeren Fragenbatterie sein.

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