• 23.07.2021
  • Praxis
Patienten mit Dysphagie

Zum sicheren Schlucken beitragen

Informationen über logopädische Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten bei Schluckstörungen und pflegerische Hilfestellungen.

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 8/2021

Seite 22

Schluckstörungen können mit schwerwiegenden, sogar lebensbedrohlichen Folgen einhergehen. Unsere Autorin informiert über logopädische Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten, stellt pflegerische Hilfestellungen vor und thematisiert die Möglichkeit der künstlichen Ernährung bei schwerer Dysphagie.

Patientinnen und Patienten (im Folgenden: Patienten) des höheren Lebensalters leiden aufgrund ihrer Vulnerabilität und der geriatrietypischen Multimorbidität an unterschiedlichen, teils chronischen und lebenslimitierenden Erkrankungen. Diese schränken die alltagspraktische Selbstständigkeit der Betroffenen häufig ein und verursachen einen erhöhten Pflege- und Unterstützungsbedarf [1]. Bei vielen älteren Menschen kommt es darüber hinaus zu Veränderungen des physiologischen Schluckens, der sogenannten Presbyphagie. Altersbedingte Veränderungen reduzieren dann das Geruchs- und Geschmacksempfinden sowie die sensorischen und muskulären Funktionen in Mund- und Rachenbereich oder in der Speiseröhre, vermindern die Speichelproduktion und führen zu einem eingeschränkten Zahnstatus oder einer reduzierten kortikalen Plastizität [2, 3].

Des Weiteren begünstigen oder verursachen insbesondere neurologische und neurodegenerative Störungsbilder wie Schlaganfälle, parkinsonassoziierte Erkrankungen und demenzielle Syndrome das Auftreten von Schluckstörungen (Dysphagien) im Alter [4]. So liegt die Prävalenz von Dysphagien in der Akutphase des Schlaganfalls bei bis zu 78 Prozent, in der chronischen Phase bei bis zu 81 Prozent. Vor dem Hintergrund einer Parkinsonerkrankung oder demenziellen Entwicklung treten Dysphagien bei bis zu 82 Prozent bzw. 93 Prozent der Betroffenen auf [4, 5].

Wie macht sich eine Dysphagie bemerkbar?

Bei einer Dysphagie kommt es zu Beeinträchtigungen der sequenziellen Schluckabfolge und unterschiedlichen dysphagiebedingten Komplikationen, wodurch Essen und Trinken nicht mehr sicher durch den Mund- und Rachenbereich transportiert werden kann. Folgende Symptome weisen auf eine Dysphagie hin:

  • eine feucht, brodelig oder nass klingende Stimme bzw. Stimmgebung
  • vermehrtes oder zunehmendes Räuspern und/oder Husten während des Essens oder Trinkens
  • vermehrtes oder zunehmendes Räuspern und/oder Husten unmittelbar nach dem Essen oder Trinken
  • eine verlängerte Kauphase
  • das Verbleiben von Nahrungsresten in Mund oder Wangentasche
  • ein verzögerter oraler Transport von Essen, Trinken oder Medikamenten
  • ein verzögertes Abschlucken von Essen, Trinken oder Medikamenten
  • das Herauslaufen von Essen oder Trinken aus Mund oder Nase
  • eine vermeintliche Zunahme des Speichelflusses, die als Pseudohypersalivation bezeichnet wird: Speichel sammelt sich im Mundbereich an und wird aufgrund einer herabgesetzten Schluckfrequenz nicht häufig genug abgeschluckt
  • sich verändernde oder zunehmende inspiratorische oder exspiratorische Atemgeräusche
  • das fehlende Auslösen der Schlucksequenz und damit einhergehend die Unfähigkeit, Essen, Trinken, Medikamente oder Speichel und Sekrete überhaupt zu schlucken
  • ein trockener oder ständig geöffneter Mund
  • das Ablehnen bestimmter Nahrungsmittel
  • die Verweigerung von Essen und Trinken

Das Vorliegen einer Dysphagie ist u. a. mit einem unerwünschten Gewichtsverlust, einer Mangelernährung, Kachexie oder Dehydration assoziiert [6], die wiederum das Entstehen eines Delirs begünstigt [7]. Kardinalsymptome einer Dysphagie sind darüber hinaus das Eindringen von Essen, Trinken, Medikamenten, Speichel, Sekreten oder Fremdkörpern in den Kehlkopfeingang bis zu den Stimmlippen (laryngeale Penetration) oder in die unteren Atemwege bis unterhalb der Stimmlippen (Aspiration) (Abb. 1). Das von Untersucher- oder Patientenseite äußerlich unbemerkte Aspirieren aufgrund einer beeinträchtigten Sensibilität im pharyngolaryngealen Bereich und einer reduzierten oder fehlenden reflektorischen, die unteren Atemwege effektiv reinigenden Hustenreaktion, wird „stille“ Aspiration genannt [3, 8].

Nachgewiesene Aspirationen führen zu chronischen Bronchialerkrankungen [7] und sind Prädiktoren für das Entstehen von Lungenentzündungen, den sog. Aspirationspneumonien [8], die z. B. bei Menschen mit einer Alzheimer-Demenz eine der häufigsten Todesursachen darstellen [9]. Aspiriertes Material kann außerdem die unteren Luftwege verlegen und zum Tod durch Ersticken führen [8]. Darüber hinaus tragen Dysphagien zu sozialem Rückzug, einer eingeschränkten Teilhabe am alltäglichen Leben, einer reduzierten Lebensqualität und einer erhöhten Morbidität bei [6, 7].

Gefährdete Patienten mittels Screening identifizieren

Das Erkennen, die Diagnostik und die Behandlung von Dysphagien sollten immer auf Basis interdisziplinärer Zusammenarbeit erfolgen [10]. Bereits frühzeitig im Rahmen der ambulanten oder stationären Regelversorgung sollten Risikopatienten durch geschultes medizinisches Personal mithilfe eines sog. Wasserschlucktests (Überprüfung des Schluckens mithilfe vorgegebener Mengen Wasser) auf das Vorliegen eines erhöhten Dysphagierisikos untersucht werden.

Zur Identifikation besonders gefährdeter Patienten stehen unterschiedliche Screeningverfahren wie beispielsweise das Dysphagie Screening Tool Geriatrie (DSTG) zur Verfügung [11, 12]. Das DSTG (Tab. 1) wurde von der AG Dysphagie der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie explizit für Patienten ab dem 70. Lebensjahr entwickelt und kann ohne großen Zeit- und Kostenaufwand durchgeführt werden. Die Durchführung des Screenings untergliedert sich in drei Abschnitte: Als optimale Voraussetzung für ein physiologisches Schlucken werden zu Beginn des Screenings die Aufmerksamkeit und Vigilanz der zu untersuchenden Person eingeschätzt und der Patient in eine möglichst aufrechte Sitzposition gebracht. Danach erfolgt eine Beurteilung des Speichelschluckens, der Zungenbewegung und des willentlichen Hustenstoßes bezüglich der Reinigungseffektivität und -effizienz im Falle eines Verschluckens. Im Anschluss daran erfolgt abschließend ein Wasserschlucktest. Besteht der Verdacht auf eine Dysphagie, werden definierte Maßnahmen abgeleitet und ein Arzt oder ein Logopäde zur weiteren Schluckdiagnostik hinzugezogen [11, 12]. Eine Handlungsanweisung [11] und ein strukturiertes Schulungsmaterial zur Durchführung und Auswertung des DSTG stehen ergänzend kostenfrei zum Download zur Verfügung [13].

Logopädische Diagnostik und Therapie

Wird ein Patient mithilfe eines Screenings als schluckbeeinträchtigt und aspirationsgefährdet identifiziert, schließt sich die zeitnahe Durchführung einer klinisch-logopädischen Diagnostik an. Die Klinische Schluckuntersuchung (KSU) beinhaltet die „Evaluation der Mundhygiene und des Zahnstatus, der Funktion der kaudalen Hirnnerven, des Sekret- und Speichelmanagements, der Atem-Schluck-Koordination, des willkürlichen und reflektorischen Hustenstoßes, der Stimmfunktion und Stimmqualität, der laryngealen Motilität, der oropharyngealen Sensibilität sowie der spontanen Schluckfrequenz“ [14]. Anschließend wird die Schluckfunktion mittels unterschiedlicher Konsistenzen (z. B. püriert, flüssig, halbfest, fest, gemischt, angedickt), ggf. auch unter Einsatz kompensatorischer Schlucktechniken klinisch überprüft und ein mögliches Aspira-tions- und Luftnotrisiko sowie der Dysphagieschweregrad eingeschätzt.

Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse empfiehlt der Logopäde ein individuelles orales Ess- und Trinkangebot bzw. bei schwerer Dysphagie mit einhergehendem Aspirations- und/oder Luftnotrisiko eine orale Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz. Zudem werden die bedarfsdeckende orale Aufnahme von Essen und Trinken und die sichere und regel-mäßige Einnahme von Medikamenten beurteilt und ein möglicher Unterstützungsbedarf während des Essens und Trinkens benannt, beispielsweise ob das Essen portioniert oder angereicht, der Patient zum regelmäßigen Trinken angehalten oder Medikamente unter Aufsicht gegeben werden sollen. Bei einem modifizierten Ess- und Trinkangebot kann zur allgemeinen Information des versorgenden Personals oder der Angehörigen ein Merkblatt am Bett oder Esstisch des Patienten angebracht werden (Abb. 2).

Die KSU wird bei Vorliegen einer Dysphagie optimalerweise durch eine instrumentelle Diagnostik wie die Flexible Endoskopische Evaluation des Schluckens (FEES) oder die Videofluoroskopie (VFS) zur Objektivierung der dysphagischen Symptome und pathophysiologischen Ursachen komplementär ergänzt. Der Einsatz der FEES oder VFS richtet sich nach der individuellen diagnostischen Fragestellung, aber auch nach der Verfügbarkeit des jeweiligen Untersuchungs- instruments [14].

Eine logopädische Therapie zur Verbesserung des Schluckens und zur Minimierung des Aspirationsrisikos oder weiterer dysphagie- assoziierter Komplikationen sollte bei Vorliegen einer Dysphagie zügig aufgenommen werden. Auf Basis der klinischen und instrumentellen Untersuchungsergebnisse werden individuell auf den Pathomechanismus des Patienten zugeschnittene rehabilitativ-therapeutische Interventionen abgeleitet und eingesetzt. Hierzu stehen z. B. restituierende Techniken, kompensatorische Maßnahmen und adaptive Verfahren aus der Funktionellen Dysphagietherapie (FDT) [15, 16] oder interdisziplinäre Konzepte wie die Therapie des Facio-Oralen Trakts (F.O.T.T.) [17] zur Verfügung.

Pflegerisch unterstützen

Pflegende können bei Menschen mit Dysphagie vielfältig zum sicheren Schlucken beitragen. Im Folgenden werden beispielhaft optionale Gestaltungs- und Unterstützungsmöglichkeiten dargestellt.

Gestaltung der Essenssituation. Die Essens- situation wird für dysphagische Patienten klar und reizarm gestaltet, sodass sie für den Betroffenen deutlich als solche zu erkennen ist. Stör- und Umgebungsgeräusche werden minimiert, das Radio oder der Fernseher ausgeschaltet und für eine ruhige Atmosphäre gesorgt.

Gestaltung der Essenssituation bei Menschen mit Demenz (MmD). Eine ansprechend gestaltete Essenssituation in familiärer Atmosphäre hat einen signifikanten Effekt auf das Körpergewicht, die Feinmotorik und die Lebensqualität von MmD. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass farbliche Kontraste die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme bei MmD erhöhen (Abb. 3). Außerdem kommt es zu einer Verbesserung des selbstständigen Essens, wenn die Betroffenen verbal zum Essen und Trinken aufgefordert und positiv verstärkt werden [18].

Positionierung während des Essens. Wenn möglich sitzt der Patient in einer physiologischen Haltung am Tisch. Sitzt er im Rollstuhl, werden die Bremsen befestigt und die Fußrasten entfernt, damit die Füße einen guten Kontakt zum Boden haben. Nimmt der Patient das Essen im Bett ein, erfolgt eine Mobilisation ins Sitzbett, um eine aufrechte Haltung zu gewährleisten. Isst und trinkt der Patient nicht selbstständig, reicht die Pflegeperson das Essen/Trinken an. Dazu sitzt sie während des Anreichens neben dem Patienten und steht nicht hinter ihm, damit der Patient eine physiologische Körperhaltung und Kopfposition einnehmen kann und ein Überstrecken des Kopfs nach hinten vermieden wird. Zudem begegnen sich beide so auf Augenhöhe.

Auswahl geeigneter Hilfsmittel. Vor Beginn des Essens wird der Sitz der Zahnprothesen überprüft, und ggf. vor deren Einsetzen bzw. vor der Nahrungsaufnahme eine Mundpflege durchgeführt. Trägt der Patient weitere Hilfsmittel wie Brille oder Hörgerät, werden diese auf- bzw. eingesetzt. Ggf. kommen Ess- und Trinkhilfen wie Spezialbesteck oder geeignete Trinkbecher, die den physiologischen Schluckablauf unterstützen, zum Einsatz. Schnabelbecher hingegen sind nicht geeignet, da sie zu einer Bewegung des Kopfes nach hinten und einer veränderten Zungenbewegung führen. Damit erhöhen Schnabelbecher die Gefahr des Verschluckens beim Trinken [19].

Anpassen von Bolusgrößen. Essen und Trinken kann leichter und sicherer gelingen, wenn die zu schluckende Portion oder Menge an die Schluckfähigkeit des Patienten angepasst wird. So können z. B. Fleisch zerkleinert angeboten oder Kartoffeln oder Gemüse mit der Gabel zerdrückt, breiige und pürierte Kost oder Getränke nur mit einem Teelöffel angereicht oder während des Trinkens zum Schlucken kleinerer, einzelner Schlucke aufgefordert werden.

Modifizieren von Konsistenzen. Nahrungsmittel und Getränke werden bei vorhandener Dysphagie oder Kaubeeinträchtigung in ihrer Konsistenz und Viskosität so adaptiert, dass sie möglichst sicher und aspirationsfrei geschluckt werden können. So werden Nahrungsmittel z. B. weich, püriert oder passiert und Getränke angedickt angeboten. Dies ist eine gängige logopädische Intervention. Bei Patienten mit länger anhaltender Dysphagie ist das Ess- und Trinkangebot regelmäßig zu überprüfen und anzupassen [14].

Andicken von Getränken. Getränke werden mithilfe von speziellen Pulvern angedickt, um ihre Fließgeschwindigkeit zu reduzieren. Die Aufnahme angedickter Getränke minimiert das Aspirationsrisiko, steigert die allgemeine Flüssigkeitsaufnahme aber nicht wesentlich. Zudem scheint das Risiko pharyngealer Residuen mit steigender Viskosität bzw. stärkerer Andickung zuzunehmen [14]. Dennoch haben stark angedickte Getränke beispielsweise eine direkte positive Auswirkung auf die Schluckfunktion von MmD und minimieren das Aspirationsrisiko bei dieser Patientengruppe unmittelbar. Und trotzdem entwickeln die Betroffenen Aspirationspneumonien bei stark angedickten Getränken im Vergleich zu nur nektarartig angedickt oder unangedickten Getränken in Kombination mit der Kompensationsmaßnahme „Chin Down“ (Neigung des Kinns während des Schluckens zur Brust). Aufgrund dessen erfordert die Maßnahme des Andickens eine Intervention und Anpassung im Verlauf [20].

Vermeiden von Mischkonsistenzen. Das Schlucken gemischter Konsistenzen stellt eine besonders hohe Anforderung an dysphagische Patienten, da gleichzeitig feste und flüssige Bestandteile oral kontrolliert und nacheinander geschluckt werden müssen (z. B. Suppe mit Einlage, Früchte mit hohem Flüssigkeitsanteil oder Medikamente mit Wasser). Es kann hilfreich sein, feste und flüssige Konsistenzen nicht zu mischen, während des Essens nicht zu trinken oder Medikamente mit Obstbrei vermischt bzw. Medikamente gemörsert und mit Obstbrei vermischt zu verabreichen.

Wichtig zu beachten ist, dass nicht alle Tabletten gemörsert und nicht alle Kapseln geöffnet werden dürfen, da dies zu einer Veränderung von Resorption, Pharmakokinetik und Wirkspiegel der Medikamente führt [14]. Daher ist eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder Apotheker erforderlich, da Medikamente ggf. umgestellt werden müssen.

Achten auf Nahrungsreste. Der Patient wird ggf. auch während des Essens zum ausreichend langen Kauen, Nachschlucken oder Reinigen des Mundes angehalten. Reste auf der Zunge, am Gaumen oder in den Wangentaschen können mit der Zunge oder dem Finger entfernt, Residuen bei feuchter Stimme durch willentliches Räuspern und Nachschlucken entfernt und nicht kau- oder schluckbare Boli ausgespuckt werden.

Inspektion der Mundhöhle. Nach Beendigung der Mahlzeit erfolgt eine Inspektion der Mundhöhle. Nach Entfernung etwaiger Residuen wird anschließend eine Mund-, Zahn- und Lippenpflege durchgeführt. Außerdem sollte der Patient nach dem Essen für weitere 15 Minuten aufrecht sitzen bleiben, um jeweils ein Verschlucken oder Aspirieren von oralen oder pharyngealen Residuen zu vermeiden.

Anbieten von Zwischenmahlzeiten. Bei vermindertem Appetit oder reduziertem Durstgefühl werden Zwischenmahlzeiten angeboten und der Patient zum regelmäßigen Trinken aufgefordert. Insbesondere bei Inappetenz und zu geringer Trinkmenge kann zur Objektivierung der gegessenen und getrunkenen Menge ein Ess- oder Trinkprotokoll über einen Zeitraum von ein bis drei Tagen durchgeführt werden.

Austausch im Team. Wichtig ist der Austausch innerhalb des interdisziplinären Teams: Wie gelingt das Essen/Trinken? Kommt es zu Anzeichen von Verschlucken wie Räuspern oder Husten? Verändert sich die Stimme/der Stimmklang? Welche Menge nimmt der Patient zu sich? Ist die orale Aufnahme von Essen/Trinken bedarfsdeckend? Lehnt der Patient Essen/Trinken ab? Darüber hinaus werden Arzt und Logopäde bei Veränderung oder Verschlechterung des Schluckens, des körperlichen Allgemeinzustands, bei Fieber oder anderen klinischen Hinweisen auf eine Aspiration durch die Pflege informiert und eine erneute KSU durchgeführt.

Versorgungsmöglichkeiten bei schwerer Dysphagie

Patienten mit schwerer Dysphagie sowie oraler Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz können dauerhaft und bedarfsdeckend mit Nahrung, Flüssigkeit und Medikamenten versorgt werden. Hierzu wird mittels perkutaner endoskopischer Gastrostomie (PEG) eine Magensonde operativ durch die Bauchdecke angelegt.

Der Eingriff bedarf der Zustimmung des Patienten oder seines Bevollmächtigten bzw. gesetzlichen Vertreters. Ggf. muss eine eindeutig formulierte und auf den individuellen Fall bezogene Patientenverfügung herangezogen oder alternativ bzw. ergänzend der aktuelle mutmaßliche Wille des Patienten hinsichtlich seines Behandlungs- oder Nichtbehandlungswunsches im Rahmen einer ethischen Fallkonferenz erörtert werden.

Vor dem Hintergrund der individuellen Prognose ist das Vorliegen einer medizinischen Indikation zur dauerhaften künstlichen Ernährung obligat [21, 22]. Das Legen einer PEG-Sonde wird deshalb bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz und bei Patienten in der letzten Lebensphase in der Regel nicht empfohlen [22]. Bei sterbenden Patienten ist eine enterale oder parenterale Nahrungs- und Flüssigkeitsgabe sogar zu beenden, um den Sterbeprozess nicht zu verlängern [23].

Die ausreichende orale Aufnahme von Essen und Trinken ist im fortgeschrittenen Stadium einer lebenslimitierenden Erkrankung nicht mehr das pflegerische, therapeutische und medizinische Ziel.

Neben einer ausführlichen Pflege zur Reinigung und Befeuchtung von Lippen und Mund ist dann ein ergänzendes Geschmacksangebot durch die Gabe von Mundsprays (Abb. 4), „Eislollis“ (Abb. 5), luftigen Schäumen [24] oder Kleinstmengen oraler Kost und Getränken im Hinblick auf Genuss und Steigerung der Lebensqualität der Betroffenen hilfreich [25, 26].

Darlegung möglicher Interessenkonflikte: Die Autorin erklärt, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

[1] Frühwald T. Ethik in der Geriatrie. Z Gerontol Geriatr 2012; 45: 545–557

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