• 07.02.2017
  • Bildung
Neuer dualer Universitätsstudiengang

„Wir wollen einen nachhaltigen Systemwechsel“

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 2/2017

Seite 96

Die Medizinische Fakultät der Universität zu Köln und die Gesundheits- und Krankenpflegeschule der Uniklinik Köln werden ab dem Wintersemester 2017/18 den neuen dualen Studiengang „Klinische Pflege“ anbieten. Über die Besonderheiten dieses Studienangebots sprachen wir mit der Pflegedirektorin und dem Vorstandsmitglied der Uniklinik Köln, Vera Lux.
 

Frau Lux, universitäre Studiengänge, die die pflegerische Erstausbildung integrieren, sind in Deutschland neu. Wie ist es zu Ihrem Studienangebot gekommen?

Die ersten Überlegungen, einen solchen Studiengang an der Uniklinik Köln einzurichten, liegen mehr als fünf Jahre zurück. Eine Arbeitsgruppe mit engagierten Mitgliedern aus der Aus-, Fort-und Weiterbildung in der Pflege, dem Pflegemanagement sowie der Medizinischen Fakultät, verfolgt konsequent das Ziel, die Akademisierung der Pflege voranzutreiben, neue Bildungswege zu beschreiten und Forschungsprojekte durchzuführen. Der Studiengang ist eine wichtige Voraussetzung dafür, Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen auszustatten, die für die Weiterentwicklung der Pflegepraxis und -forschung dringend notwendig sind.

Was genau meinen Sie mit Weiterentwicklung?

Wir wollen einen nachhaltigen Systemwechsel. Die Pflegepraxis benötigt künftig deutlich mehr theoretische Fundierung, um den zunehmenden Herausforderungen und den sich verändernden Bedarfen kranker Menschen gerecht zu werden. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, mit einem eigenen Studiengang Lehre, Forschung und Pflegepraxis an der Uniklinik Köln sukzessive weiterzuentwickeln.

Welche Effekte erhoffen Sie sich?

Ergebnisse aus Qualifikationsarbeiten können direkt in die Pflegepraxis einfließen und den Patienten zugute kommen. Fragen aus der Praxis können mithilfe wissenschaftlicher Methoden beantwortet werden. Unser Vorteil: Wir haben sehr viele Ressourcen an der Universität zu Köln, auf die wir zurückgreifen können. Die Medizinische Fakultät selbst verfügt über einen angesehenen Medizinstudiengang und ein modernes Skills Lab, in dem heute schon berufsgruppenübergreifend gelernt wird. Vorteilhaft ist auch, dass das Institut für Gesundheitsökonomie und die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät ihre Unterstützung bei der Lehre zugesagt haben. Wir stehen nicht alleine da.

Welche Zugangsvoraussetzungen müssen Bewerber erfüllen, um eine Chance auf einen Studienplatz zu haben?

Die Bewerber müssen die allgemeine Hochschulreife nachweisen sowie einen vertraglich zugesicherten Ausbildungsplatz in der Gesundheits- und Krankenpflege an der Uniklinik Köln, um sich auf einen Studienplatz bewerben zu können.

Wie viele Studienplätze stehen zur Verfügung?

Pro Jahr stehen 25 Studienplätze, über drei Jahre insgesamt 75 Studienplätze zur Verfügung.

Welche Kompetenzen werden den Studierenden vermittelt, die über die herkömmliche dreijährige Ausbildung hinausgehen?

Die vielfältigen Aufgaben moderner Pflege, insbesondere in der Hochleistungsmedizin von Universitätskliniken und Kliniken der Maximalversorgung, erfordern neben hoher sozialer und fachlicher Kompetenz auch wissenschaftliche Problemlösungskompetenzen. Nur so kann die Patientenversorgung über die eigenen Erfahrungen hinaus in einem internationalen Forschungskontext weiterentwickelt werden. Die Studierenden werden darauf vorbereitet, ein erweitertes pflegerisches Aufgabenfeld auf der Basis eigenverantwortlichen Entscheidens und Handelns kompetent zu bewältigen. Sie werden dazu befähigt, die pflegerische Praxis kritisch zu analysieren und weiterzuentwickeln. So leisten sie einen wesentlichen Beitrag, um Patienten-Outcomes zu verbessern. Im Fokus stehen die Förderung der Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Alltagsbewältigung kranker und behinderter Menschen, die individuelle Begleitung von kranken Menschen mit komplexen Pflegebedarfen sowie die Evidenzbasierung pflegerischer Interventionen.

Im vergangenen Jahr ist an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg der erste universitäre duale Pflegestudiengang gestartet, der die Absolventen erstmals dazu befähigen soll, heilkundliche Tätigkeiten zu übernehmen. Ist dies für Ihre Absolventen ebenfalls geplant?

Ja, auch im Studiengang „Klinische Pflege“ ist dies vorgesehen. Im Vordergrund stehen zunächst die Pflege von Menschen mit chronischen Wunden und die Applikation von Zytostatika-Therapien in der Onkologie. Weitere Aufgabenbereiche sollen folgen.

Welche Jobperspektiven können Sie den Absolventen des Studiengangs in Aussicht stellen, und welche konkreten Handlungsfelder sind denkbar?

Jeder Absolvent hat nahezu eine Garantie, nach dem Abschluss des Studiums in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Die Handlungsfelder sind dabei sehr vielfältig – angefangen von der Tätigkeit als Pflegefachperson auf einer Pflegestation, um erste Berufserfahrungen zu sammeln, möglicherweise auch als Primary Nurse. Später sind Handlungsfelder als Pflegeexperte für spezifische Patientengruppen mit chronischen Erkrankungen wie Parkinson, Diabetes mellitus oder Herzinsuffizienz denkbar. Weitere mögliche Aufgaben können die Beratung von Patienten und Angehörigen, die Verantwortung für die Ausbildung und Schulung der Auszubildenden, die Mitwirkung bei der Durchführung von Forschungsprojekten in der Pflege oder interdisziplinären Projekten sowie die Weiterentwicklung von Qualitätsstandards und des Risikomanagements in der Pflege sein. Aufbauend auf den Bachelorabschluss bietet die Universität zu Köln den Absolventinnen und Absolventen alle Möglichkeiten einer akademischen Laufbahn, vom Masterabschluss zur Promotion bis hin zur Habilitation.

Welche Rolle werden akademisch qualifizierte Pflegende langfristig an der Uniklinik Köln spielen?

Die Uniklinik Köln ist ein forschungsstarker und innovativer Standort mit einer hohen Reputation, national wie international. Neben der Entwicklung in der Medizin muss parallel auch die evidenzbasierte Weiterentwicklung der Pflege auf der Grundlage von Forschungsergebnissen erfolgen. Hierzu werden akademisch qualifizierte Pflegende die Impulse in der Praxis setzen, Forschungsthemen generieren, selbst Pflegeforschung durchführen und die Überführung von Forschungsergebnissen in die unmittelbare Patientenversorgung initiieren. Akademisch qualifizierte Pflegende erhalten durch die Übernahme von heilkundlichen Tätigkeiten mehr Verantwortung und eine höhere Autonomie. Der Aufbau eines eigenen Instituts für Pflegeforschung und die Einwerbung von Drittmittelprojekten sind wichtige Ziele. Akademisch qualifizierte Pflegende aus der klinischen Versorgung werden daran mitwirken. Und ein höherer Anteil an akademisch qualifiziertem Personal – das zeigen aktuelle Studien – wirkt sich positiv auf die Qualität der pflegerischen Versorgung aus und verbessert die Patientensicherheit.

Frau Lux, vielen Dank für dieses Gespräch!

 

Vera Lux ist Pflegedirektorin und Vorstandsmitglied der Uniklinik Köln

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