Es braucht ein gutes Team, um Patienten bestmöglich zu versorgen. Doch oftmals herrscht zwischen Pflegenden und Ärzten eine weite Kluft – und manchmal auch „dicke Luft“. Dabei ist Annäherung möglich, wenn beide Seiten sich aufeinander zubewegen.
Der Ton ist rau geworden. Das merkte auch Sven K.*, als der Oberarzt ihn in der Visite vor versammelter Mannschaft niedermachte: „Sie sind ja wirklich zu nichts zu gebrauchen.“ Dabei hatte er nur vergessen, die CT-Ergebnisse eines Patienten direkt weiterzuleiten. Nach diesem Anpfiff des Oberarztes traute sich der junge Gesundheits- und Krankenpfleger nicht mal mehr, sich zu rechtfertigen. Er blickte nur beschämt zu Boden, während die restlichen Mitglieder der Visite betreten zur Seite schauten.
Auch die Pflegenden gehen nicht immer glimpflich mit den Ärzten um. Als die 20-jährige Svenja T.* vor ihrer Knie-OP zu einer Pflegeperson sagte: „Der Arzt wollte doch noch zur Blutabnahme kommen“, hörte sie nur ein verächtliches: „Die Ärzte? Die kommen und gehen hier, wann sie wollen.“ Die junge Patientin war irritiert: Sprechen die hier überhaupt miteinander?
Verbale Entgleisungen sind nicht immer so offensiv wie in diesen Beispielen. Oft zeigen sich Probleme in der Kommunikation erst bei genauerer Beobachtung. Da schauen sich Kollegen beim Reden nicht an oder ignorieren, was die andere Berufsgruppe sagt. Ärzte rufen einen Halbsatz ins Schwesternzimmer und verschwinden schnell wieder. Pflegende bleiben unter sich und sprechen über die Ärzte, statt mit ihnen. Das Klima ist kühl, der direkte Austausch selten. Manchmal läuft es aber auch weniger subtil: Dann wird geschrien, beleidigt, beschämt – speziell wenn das Team sehr hierarchisch geprägt ist. Diese Erfahrung hat Sandra Mantz gemacht, die als Sprachkompetenztrainerin in zahlreichen Kliniken vor Ort ist. „Es gibt keine Kultur in der Kommunikation, sondern es herrscht Willkür“, bemängelt die Leiterin der SprachGUT®-Akademie in Großwallstadt, einer Bildungseinrichtung für Sprachsensibilität und Dialogkompetenz. „Es kommt immer darauf an, wer gerade Dienst hat. Manchmal ist die Stimmung gut, weil das Team passt. Aber oft läuft es auch nicht. Und dann ist die Kommunikation ein großer Krafträuber und Zeitfresser. Darunter leiden alle – Pflegende und Ärzte gleichermaßen. Das sieht man dann auch an der Fluktuation und dem Krankenstand.“
Austausch wird unter Zeitdruck immer seltener
Das Thema ist wichtig, da sind sich alle Beteiligten einig, aber die Situation ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. „Unter dem wachsenden Kostendruck hat sich die Zusammenarbeit zwischen Pflegenden und Ärzten eher verschlechtert“, meint Vera Lux, Pflegedirektorin und Vorstand an der Uniklinik Köln. Das merke man daran, dass der Umgangston rauer werde, aber auch daran, dass in einigen Bereichen keine gemeinsamen Visiten stattfinden.
Auch am Klinikum der Universität München (KUM) sind interprofessionelle Visiten noch nicht in allen Abteilungen die Regel. „Es gibt vielfältige Gründe, die eine gute Zusammenarbeit der Berufsgruppen behindern“, sagt Heike Penner, Leiterin der Weiterbildung in der Intensiv- und Anästhesiepflege am KUM. „Der Zeitdruck ist nur einer davon.“ Wünschenswert wäre es ihrer Ansicht nach, mehr Raum zu schaffen, um gemeinsam reflektieren und neue Ideen entwickeln zu können. Oder sich auch mal selbst infrage zu stellen: Ist das, was wir machen, sinnvoll? Die erfahrene Intensivpflegende, die viele Jahre im Ausland gearbeitet hat, bedauert diese mangelnde Reflexion: „In Neuseeland haben wir uns freitags mit dem ganzen Team zusammengesetzt und überlegt, was lief gut in dieser Woche, was lief nicht so gut? Gibt es Ideen, was man verbessern könnte? Kam man bei bestimmten Teamentscheidungen nicht weiter, wurde eine interprofessionelle Fallbesprechung durchgeführt.“
Von diesen Strukturen sind deutsche Kliniken weit entfernt. Gemeinsame Visiten und Besprechungen werden seltener, dadurch entfernen sich die Berufsgruppen voneinander. Gefühlt hat sich die Stimmung in den letzten Jahren verschlechtert. „Der Druck von oben ist größer geworden und belastet das Klima insgesamt“, sagt eine Gesundheits- und Krankenpflegerin, die schon lange Jahre im Beruf arbeitet. Früher sei es viel netter und kollegialer gewesen. Auch eine Medizinstudentin konstatiert eine „krasse Trennung der Berufsgruppen“ und berichtet von ihrem Praktikum: „Alle waren wirklich abgehetzt und haben sich kaum abgesprochen.“ Dieser Zeitdruck geht oft auch mit einer zunehmenden Dünnhäutigkeit der Mitarbeiter einher: „Dadurch, dass der Druck von außen ansteigt, werden wir empfindsamer und fühlen uns bei einem falschen Wort viel schneller angegriffen“, erläutert Sprachkompetenztrainerin Sandra Mantz das Phänomen.
Das Thema ist nicht neu. Schon von 1999 bis 2002 lief ein gemeinsames Modellprojekt der Bundesärztekammer und des Deutschen Pflegerats: „Interprofessionelle Kommunikation im Krankenhaus“, kurz InterKIK, gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Ziel des Projekts: die Kommunikation und Kooperation zwischen Ärzten, Pflegenden und Patienten – vor allem an den zentralen Schnittstellen wie Aufnahme, Visite und Entlassung – zu verbessern.
Dass sich das BMG und Berufsverbände schon vor mehr als 15 Jahren für dieses Thema engagierten, hat einen guten Grund. Denn eine ineffiziente und unzureichende Kommunikation kann im Krankenhaus fatale Folgen haben. Aufseiten der Patienten gehören dazu verzögerte Behandlung, Fehldiagnosen, unerwünschte Patientenereignisse bis zum Tod des Patienten. Aufseiten der Mitarbeiter resultieren aus einer schlechten Kommunikationskultur nicht nur eine miese Stimmung, sondern auch eine höhere Erkrankungsrate, Fluktuation bis hin zum Burn-out.
Lösungsansätze – Annäherung ist möglich
In der Literatur werden unterschiedliche Möglichkeiten diskutiert, um die interprofessionelle Zusammenarbeit erfolgreich zu stärken.
Gemeinsame Bildungsangebote: Einer Übersichtsarbeit von Foronda et al. aus dem Jahr 2016 zufolge können gemeinsame Bildungsangebote die Fähigkeit zur interprofessionellen Kommunikation signifikant verbessern und führen zu einer höheren Zufriedenheit mit der Teamarbeit und Änderungen im Verhalten. Dabei wird davon ausgegangen, dass es effektiver ist, wenn Pflegende und Ärzte eine gemeinsame klinische Erfahrung teilen, zum Beispiel bei einer Simulationsübung, als wenn die Professionen nur „Seite bei Seite“ sitzen. Die Autoren empfehlen, dass gemeinsame Bildungsangebote möglichst schon in der Ausbildung beginnen, durchgängig im Curriculum verankert sein und im Krankenhaus fortgesetzt werden sollten.
Strukturelle Förderung von Teamarbeit: Ob Teamarbeit funktioniert, hängt auch davon ab, ob sie strukturell verankert ist: Gibt es feste Termine für Teambesprechungen? Wie konsequent erfolgt eine gemeinsame Visite? Flicek (2012) beschreibt es unter anderem als hilfreich, Arzt- und Schwesternzimmer nah beieinander zu legen, um den Austausch und damit die Chance für eine bessere Kommunikation zu erhöhen.
SBAR-Tool: Auch die Einführung des SBAR-Tools wird empfohlen, um die interprofessionelle Kommunikation zu strukturieren (Flicek 2012). Dabei wird zum Beispiel in Visiten oder bei Übergaben strukturiert nach den folgenden Aspekten kommuniziert: Situation (S), Background (B), Assessment (A), Recommendation (R). Das SBAR-Tool soll beiden Berufsgruppen ermöglichen, die notwendigen Informationen auf eine Art und Weise zu geben und zu erhalten, die die beiden unterschiedlichen Kommunikations- stile zufriedenstellt.
Führungskräftetraining: Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion und damit einen großen Einfluss auf die Kommunikation ihrer Mitarbeiter. Deshalb gilt eine Schulung der Leitungskräfte bezüglich ihrer kommunikativen Kompetenzen als besonders wichtig (Tewes 2015).
Kommunikationstraining: Auch Kommunikationstraining für Mitarbeiter, zum Beispiel in der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg, werden empfohlen, um die Kommunikation zu optimieren (Tewes 2015).
Pflegende und Ärzte sind unzufrieden mit Kommunikation
Es gibt nur wenige Studien in Deutschland, die die Kommunikation zwischen Ärzten und Pflegenden wissenschaftlich untersucht haben. Eine davon ist der Picker Report 2014, in dem insgesamt 11 000 Pflegende und rund 5 000 Ärzte befragt wurden. Dieser offenbart deutliche Kommunikationsprobleme: 32 Prozent der Ärzte und 55 Prozent der Pflegefachkräfte bemängeln die Kommunikation zwischen den Berufsgruppen. Mehr als ein Viertel (27 %) der Pflegekräfte und über ein Drittel (37 %) der Ärzte erleben die Übergabe als ineffizient und unstrukturiert. Ähnliches gilt für eine weitere wichtige Informations-Schnittstelle: die Besprechungen. Hier ist der Verbesserungsbedarf aus Sicht der Mitarbeiter sogar noch höher. Ein Drittel der Pflegekräfte (33 %) fühlt sich zudem nicht rechtzeitig über Aufnahmen, Entlassungen oder Verlegungen informiert. Offen bleibt jedoch die Frage: Warum läuft es so schlecht mit der Kommunikation?
Eine mögliche Ursache könnte das unterschiedliche Kommunikationsverhalten der beiden Berufsgruppen sein. Denn Ärzte und Pflegende scheinen eine andere Sprache zu sprechen, wie eine internationale Studie von Clark et al. aus dem Jahr 2014 nahelegt: Beide Berufe sind anders im Hinblick auf Kommunikationsstile aus-gebildet und haben dadurch einen unterschiedlichen Sprachstil entwickelt, so die Autoren der Studie. Pflegende haben gelernt, umfassend zu beschreiben. Sie sehen den Patienten ganzheitlich und beziehen dabei ihre emotionale Intelligenz, also ihre Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle wahrzunehmen, ein. Ärzte hingegen haben gelernt, einen kognitiven Ansatz zu verfolgen. Sie sind objektiv, strukturiert, prägnant.
Mit diesen unterschiedlichen Kommunikationsstilen können Frustrationen einhergehen. Denn unzufrieden sind beide – Ärzte und Pflegende –, wie eine Studie von Dixon et al. aus dem Jahr 2006 zeigt. Die Generalkritik der Ärzte: Pflegende sind schlecht organisiert, was Informationen betrifft. Sie stellen Inhalte in unlogischer Reihenfolge dar, binden überflüssige Informationen ein und kommen nur verzögert auf den Punkt. Ärzte wollen die wichtigsten Informationen und den Gesamteindruck zum Patienten hören – und das möglichst komprimiert und schnell. Die Pflegenden wiederum erleben die Ärzte als unaufmerksam. Sie haben das Gefühl, sie können mit ihnen nur eine Liste von Symptomen diskutieren anstatt klinische Probleme zu besprechen. Sie möchten gerne Empfehlungen aussprechen, aber es fehlt ihnen an Autorität. Sie sind unsicher, wie viele Details sie berichten sollen, erleben ein hierarchisches Gefälle und fürchten, inkorrekte Angaben zu machen oder gedemütigt zu werden.
Es scheint das typische Erbe der Pflegeberufe – das Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden. Historisch betrachtet waren Pflegende in einer untergeordneten und eher dienenden Rolle tätig. Damit einhergeht oftmals noch ein Mangel an Selbstvertrauen, die Angst, bloßgestellt zu werden und das Gefühl, dass die eigene Meinung nicht wertgeschätzt wird. Das zeigt auch eine Umfrage der Fachhochschule Münster zur Berufszufriedenheit aus dem Jahr 2011: An erster Stelle der Negativskala liegt der Punkt: Stellenwert und Wertschätzung des Pflegepersonals im Krankenhaus – 62,3 Prozent sind sehr oder eher unzufrieden. Erst danach folgen die Punkte Stress und Anzahl der Kollegen bei der Schichtbesetzung.
Gute Ansätze in der Praxis
Viele Kliniken sind sich der Dringlichkeit des Themas bewusst und haben sich auf den Weg gemacht, um eine effektive Kommunikation zwischen Pflegenden und Ärzten zu fördern. Im Klinikum der Universität München (KUM) lernen zum Beispiel Weiterbildungsteilnehmer aus der Intensivpflege und Anästhesie sowie Assistenzärzte in der Facharztausbildung zeitweise gemeinsam – sowohl in Lernseminaren als auch in Fallbesprechungen. Initiiert haben das Projekt Heike Penner und Rita Hofheinz von der Weiterbildung in der Intensiv- und Anästhesiepflege sowie der Stabsstelle Personalentwicklung am KUM. Gefördert wird es durch die Robert Bosch Stiftung, die mit dem Programm „Operation Team“ die interprofessionelle Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten bei der Versorgung von chronisch erkrankten multimorbiden Menschen stärken möchte. Das Münchner Projekt wurde dabei als eines von elf regionalen Projekten unter 50 Bewerbungen ausgewählt. Die Resonanz der Teilnehmer sei fast ausschließlich positiv. „Gerade die gemeinsamen Fallbesprechungen kommen bei den Pflegenden und Medizinern sehr gut an“, berichtet Heike Penner von den ersten Erfahrungen. „Von dieser Seite her habe ich das noch nie betrachtet“, sagten anschließend die Teilnehmer, oder auch: „Ich nehme verschiedene Abläufe nun bewusster wahr und habe Veränderungsideen.“ Um die interprofessionelle Kommunikation zu verbessern, wird am KUM zudem in ausgewählten Bereichen wie in der Notaufnahme, Anästhesie und im OP das SBAR-Tool (s. Kasten) eingesetzt, das eine strukturierte Kommunikation, speziell in Visiten oder bei Übergaben, fördert. „Das Instrument ist implementiert“, sagt Penner, „aber wie es gelebt wird, hängt oft von Einzelpersonen ab.“
Auf gemeinsames Lernen von Ärzten und Pflegenden setzt auch der Katholische Hospitalverbund Hellweg. Hier durchlaufen leitende Oberärzte und leitende Pflegekräfte künftig zusammen ein halbjähriges Führungskräftetraining. Bislang lief der Kurs immer getrennt, ab 2017 lernen beide Berufsgruppen erstmalig gemeinsam. „Wir müssen die Medizin und Pflege stärker vernetzen“, sagte Jutta Kappel, Personalleiterin des Hospitalverbunds. „Dadurch erhoffe ich mir deutliche Fortschritte, was die gemeinsame Entwicklung von Prozessen angeht. Das geht nur auf Augenhöhe.“
Auch strukturierte Runde Tische dienen diesem Ziel. Am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier sind sie bereits seit fünf Jahren etabliert. In diesen fünf- bis sechsmal jährlich stattfindenden Gesprächen kommen Chefärzte, Stations- und Bereichsleitungen, Controller und Physiotherapeuten zusammen und betrachten die Situation in der Abteilung gemeinsam. „Von den Themen her gibt es keine Beschränkung“, berichtet Dr. Markus Mai, Leitung Gesundheits- und Sozialpolitik an der Barmherzigen Brüder Trier gGmbH und Prä-sident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz. In diesen gemeinsamen Besprechungen gehe es um wirtschaftliche Ergebnisse und um Prozessoptimierung, aber sie seien auch ein Forum, in dem kritische Themen angesprochen werden könnten. „Kommunikation lebt von der Übung und von den Menschen“, ist sich Mai sicher. „Das Management sollte viel stärker darauf setzen, dass es Strukturen gibt, die diesen interprofessionellen Dialog fördern.“
Der gezielten Übung dienen auch gemeinsame Kommunikationstrainings. Im Klinikum Am Urban in Berlin lief beispielsweise von Dezember 2015 bis Februar 2016 ein Projekt, bei dem das Kommunikationsverhalten der Mitarbeiter vor Ort beobachtet und geschult wurde. Sprachkompetenztrainerin Sandra Mantz begleitete dazu ein interdisziplinäres Team von Pflegeschülern bis zur Oberärztin der Abteilung – in speziellen Situationen, wie der Visite, Pflegevisite oder auch Sprechstunden und Übergaben mit Blick auf eine bewusste und sensibilisierte Kommunikation. Nach den Beobachtungen folgte eine direkte Rückmeldung an die Mitarbeiter, zwischendurch gab es Sprachkompetenztrainings auf der Station. „Zunächst waren die meisten skeptisch“, berichtet Mantz, „nach den ersten Coachings stieg das Interesse stark an und viele Mitarbeiter meldeten sich freiwillig für eine Hospitation.“ Das Training war mit wenig zeitlichem Aufwand – vier volle Tage – zeitlich und finanziell überschaubar, aber sehr effektiv. „Die Evaluation des Projektes belegt den Erfolg. Die Trainings zeigten sofortige Wirksamkeit und erwiesen sich als sehr nachhaltig“, so Mantz.
Eine Frage der Haltung
Noch ist das Thema interprofessionelle Kommunikation vielerorts nur in Projekten belegt, auch wenn sich die meisten Kliniken der Dringlichkeit einer guten Kommunikationskultur bewusst sind. In vielen Einrichtungen scheint es bislang mehr oder weniger Glückssache zu sein, ob ein wertschätzendes Miteinander gepflegt wird oder die Berufsgruppen stillschweigend nebeneinander her oder sogar aneinander vorbei arbeiten. Vielfach fehlen Strukturen, die sicherstellen, dass Pflegende und Ärzte sich regelmäßig austauschen und die Perspektive des jeweils anderen verstehen und akzeptieren lernen. Oft mangelt es auch an Zeit, um vorhandene Gelegenheiten, wie eine gemeinsame Visite, für diesen Austausch zu nutzen.
Eine strukturelle Verankerung der Teamarbeit und gemeinsames Lernen scheinen geeignet, um eine Kultur des Miteinanders in die Wege zu leiten. Das belegen Studienergebnisse (s. Kasten) wie auch praktische Erfahrungen. Doch es braucht mehr. Es erfordert die Bereitschaft und das Interesse beider Berufsgruppen, miteinander ins Gespräch zu kommen und zu reflektieren: Wie wünschen wir uns die gemeinsame Zusammenarbeit? Wie können wir Bedingungen schaffen, die ein Miteinander – im Sinne einer guten Patientenversorgung – möglich machen?
Eine solche Kultur erfordert Wertschätzung und Respekt. „Es braucht einen wohlwollenden Blick auf die jeweils andere Berufsgruppe im Sinne des beruflichen Auftrags“, ist sich auch Sprachkompetenztrainerin Sandra Mantz sicher. „Und es braucht die Fähigkeit, Dinge auch mal sein zu lassen. Nachtragen hilft nicht weiter.“ Für eine solche Kultur ist aber auch ein selbstbewusstes Auftreten der Pflegenden erforderlich. „Die interprofessionelle Kommunikation hängt wesentlich davon ab, wie Pflegende sich in ihrer Rolle sehen“, meint Dr. Markus Mai. „Dieses Selbstbewusstsein muss gefördert werden.“
Eine gute und sichere Patientenversorgung ist ohne interprofessionelle Zusammenarbeit nicht denkbar. „Wir müssen reden“ gilt also für Pflegende und Ärzte gleichermaßen – daran kommt keine Berufsgruppe vorbei.
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