FRAGE: Ist es erlaubt, dass mein Arbeitgeber mir zu Beginn meiner Schicht mitteilt, dass ich auf einer anderen Station des Klinikums aushelfen muss?
Wo der Mitarbeiter was zu arbeiten hat, richtet sich nach dem Arbeitsvertrag. In der Regel ergibt sich aus diesem Vertrag lediglich, bei welchem Arbeitgeber der Mitarbeiter unter welcher Berufsbezeichnung angestellt wird. Die Tätigkeit ist also nur fachlich bestimmt, zum Beispiel als Gesundheits- und Krankenpfleger/in. Durch die Vereinbarung der Vergütungsgruppe wird der Bereich der Tätigkeit zwar weiter eingegrenzt. Die konkrete Tätigkeit ist aber noch nicht festgelegt. Auch die Einzelheiten der Arbeitsleistung nach Art, Ort und Zeit richten sich nach dem Arbeitsvertrag. Es werden sich in diesem aber selten Abreden über den Beschäftigungsort finden.
Fehlt es an ausdrücklichen Vereinbarungen, ist die nähere Bestimmung der Arbeitsleistung möglicherweise den Umständen zu entnehmen. Zwar ist der Beschäftigungsort meist nicht ausdrücklich vereinbart, dieser ergibt sich aber aus den Umständen, nämlich daraus, dass sich der Betrieb des Arbeitgebers in Stadt X befindet.
Fehlen ausdrückliche oder sich aus den Umständen ergebende Vereinbarungen, so ist auf das Wesen des Arbeitsvertrages abzustellen. Der Arbeitsvertrag ist ein Austauschvertrag. Es wird Arbeitskraft gegen Lohn ausgetauscht. Durch diesen Austausch erwirbt der Arbeitgeber das Recht, die Arbeitskraft im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung für seine Betriebszwecke zu verwenden. Die nähere Bestimmung der Arbeitsleistung nach Art, Ort und Zeit erfolgt daher durch den Arbeitgeber (§ 315 BGB). Dies ist sein Weisungsrecht (Direktionsrecht). Ihm entspricht die Gehorsamspflicht des Arbeitnehmers. Dieses aus der Eigenart des Arbeitsverhältnisses abgeleitete Recht des Arbeitgebers ist zwischenzeitlich in § 121 Gewerbeordnung und § 15 Arbeitsschutzgesetz gesetzlich geregelt.
Das Weisungsrecht besagt, dass der Arbeitgeber einseitig nach pflichtgemäßem Ermessen die Einzelheiten der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach Art, Ort und Zeit bestimmen darf und sie auch verändern darf. Auch wenn der Mitarbeiter schon jahrelang auf einer bestimmten Station eingesetzt ist, bedeutet das nicht, dass sich seine Arbeitsleistung auf diesen bestimmten Arbeitsplatz konkretisiert. Das hat das Bundesarbeitsgericht schon des Öfteren klargestellt (so Urteil vom 24.04.1996 – 4 AZR 976/94). Da müssen zusätzliche Umstände hinzukommen.
Das bedeutet also, dass der Arbeitgeber oder sein Beauftragter jederzeit zu Beginn der Arbeitsschicht mitteilen kann, wo konkret der Mitarbeiter hier und heute eingesetzt wird, sofern voraussichtlich ein Monat Dauer nicht überschritten wird (§ 95 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz). Für einen Notfall – in dem Sinne, dass Not an Personal ist – gilt das sogar für den Fall, dass ein konkreter Arbeitsplatz vereinbart wurde. Denn in außergewöhnlichen Fällen begründet die Treuepflicht des Mitarbeiters eine Verpflichtung zum Aushelfen.
Eine Begrenzung ergibt sich also aus dem betrieblichen Mitbestimmungsrecht, soweit es das Betriebsverfassungsgesetz oder ähnlich lautende Vorschriften aus dem Personalvertretungsrecht betrifft. Damit kann also eine Springertätigkeit nur mit Zustimmung des Betriebsrats angeordnet werden, selbst wenn sie zwischen den Mitarbeitern vereinbart ist. Notfalls muss sich der Arbeitgeber nach § 100 Betriebsverfassungsgesetz die Zustimmung des Betriebsrats arbeitsgerichtlich ersetzen lassen.
Ergebnis: Es ist erlaubt, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter zu Beginn seiner Schicht mitteilt, dass er auf einer anderen Station des Klinikums aushelfen muss.