Pflegende benötigen eine kontinuierliche Fortbildung. Dazu gehören auch kürzere, aber regelmäßige Angebote innerhalb der regulären Arbeitszeit. Im Zuge einer zunehmenden Arbeitsverdichtung stellt sich die Frage, wie sich solch kurze Fortbildungssequenzen zeitlich optimal im Arbeitsalltag verorten lassen. Eine kürzlich publizierte Beobachtungsstudie ging dieser Fragestellung nach.
Klassische Fortbildungen in der Pflege haben die Aufgabe, pflegerisches Wissen auf den aktuellen Stand zu bringen und zu erweitern [1, 2]. Dazu bieten sich z. B. innerbetriebliche Veranstaltungen an. Die angebotenen Themen solcher Fortbildungen ähneln sich seit vielen Jahrzehnten. Neben Bereichen wie Hygiene oder Notfallversorgung stellen z. B. überarbeitete Pflegestandards u. a. Änderungen in den Abläufen dar [3, 4]. Fortbildungen können – je nach Thema – nicht immer in kurzen Veranstaltungen erfolgen [5]. Falls möglich, sollten sie jedoch innerhalb der regulären Dienstzeit angeboten werden [6]. Das vermeidet für Pflegende zusätzliche Mehrarbeitsstunden und kommt überdies dem ausgeprägten Wunsch jüngerer Generationen nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance entgegen [7]. Um möglichst viele Personen zu erreichen, bieten sich kürzere Fortbildungsveranstaltungen zu Beginn oder zum Ende eines Dienstes in der Pflege an. Dabei stellt sich die Frage, welche zeitliche Verortung am sinnvollsten ist. Erste kleinere Projekte zeigten auf, dass kurze Veranstaltungen für Pflegende auf der Intensivstation sinnvoll und machbar sind [8, 9].
Untersuchung und Ergebnisse
Unklar war bislang, ob die Wissensaufnahme von Pflegenden im Rahmen einer kurzen Veranstaltung zu Beginn oder eher zum Ende des Dienstes sinnvoller ist. Da sich dazu international keine vergleichende Untersuchung ausfindig machen ließ, ging 2019/2020 eine Beobachtungsstudie mit Pflegenden, die zu diesem Zweck in zwei Gruppen aufgeteilt wurden, dieser Frage nach [10]. Das Vorhaben wurde als Forschungsprojekt im Rahmen des Masterstudiums Gesundheits- und Pflegewissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt.
Teilnehmenden Personen beider Gruppen wurde wöchentlich innerhalb ihrer regulären Dienstzeit eine Kurzfortbildung von 15 Minuten angeboten. Pflegende einer Intensivstation erhielten die Veranstaltung zu Beginn des Spätdienstes (VS) und starteten anschließend in den Dienst. Den Pflegenden von insgesamt vier weiteren Intensivstationen wurde dasselbe Thema zum Ende des Frühdienstes (VF) angeboten.
Die Fortbildungsthemen waren breit aufgestellt und pflegerisch relevant. Dazu gehörten z. B. die Wundversorgung, Dekubitusprophylaxe oder das Delir. Zum Ende beider Veranstaltungen erhielten die Pflegenden einen Fragebogen, der drei Quizfragen mit je drei Antwortmöglichkeiten (Single-Choice) zum Fortbildungsthema enthielt. Zusätzlich gab es weitere Fragen zu den generellen Rahmenbedingungen von Kurzfortbildungen.
Im Ergebnis stellte sich heraus, dass die Odds Ratio (OR, Quotenverhältnis, statistische Maßzahl zur Stärke eines Zusammenhangs zweier Merkmale) für die Wissensaufnahme in der Gruppe VS (n = 255) im Vergleich zur Gruppe VF (n = 165) 1,22 betrug. D. h., die Chance, in der Gruppe VS Quizfragen richtig zu beantworten, lag im Vergleich zur Gruppe VF bei 1,22. Demzufolge hat rund ein Fünftel der Teilnehmenden bei einer Veranstaltung zu Beginn des Spätdienstes mit besseren Lernergebnissen abgeschnitten.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Vorteil für die Gruppe VS nicht stark ausgeprägt ist. Dennoch waren mit einer Veranstaltung in Gruppe VS mehr Pflegende zu erreichen als in VF. Weitere Ergebnisse der Studie lassen gleichermaßen schlussfolgern, dass eine Veranstaltung zu Beginn des Spätdienstes sinnvoll ist und Kurzfortbildungen aus Sicht der teilnehmenden Pflegenden positiv angenommen werden [10].
[1] Beilenhoff U. Qualifikationsmöglichkeiten für Pflege in der Endoskopie im europäischen Vergleich. Endo-Praxis 2011; 27 (4): 158–165
[2] Hoefert R. Von Fall zu Fall – Pflege im Recht. 4. Aufl. Berlin: Springer; 2017
[3] Rauh M. Erfahrungen mit der „Innerbetrieblichen Fortbildung“. Die Schwester | Der Pfleger 1988; 27 (8): 663–664
[4] Timmreck C et al. Pflegestudie 2017 – Zum Status quo und der Zukunft von Fort- und Weiterbildung in den Pflegeberufen. Hochschule Niederrhein; 2017
[5] de la Cruz LAD, Bickerton M. The 12 1/2 minute learning session: some examples and analysis of impact. J Contin Educ Nurs 1996; 27 (2): 85–88
[6] Müller M, Seidl N. Fort- und Weiterbildung als wichtiger Indikator der Arbeitszufriedenheit in der Pflege. Pflege 2000; 13 (6): 381–388
[7] Reimold S, Knappich T. Gute Arbeit – eine Frage der Generation? Pflegezeitschrift 2021; 74 (1): 17–19
[8] Krüger L. Stationsinterne Fortbildung auf einer operativen Intensivstation. Die Schwester | Der Pfleger 2004; 43 (3): 198–200
[9] Fischböck M, Happach R. Aufbau und Implementation eines gemeinsamen Fortbildungskonzepts der Intensivstationen am Universitätsklinikum Regensburg – konzeptionelle Grundlagen und Projektdarstellung. intensiv 2009; 17 (2): 58–63
[10] Krüger L, Mannebach T, Luderer C. Bessere Wissensaufnahme durch Kurzfortbildungen vor dem Spätdienst statt nach dem Frühdienst? Pflege 2022; 35 (1): 23-32. doi: 10.1024/1012–5302/a000813